Kommentar:Zeichen der Stärke

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Mit der Bestellung eines ehrenamtlichen Heimatpflegers würde der Stadtrat in Dachau Größe beweisen. Denn die Entscheidung, auf externe Beratung zurück zu greifen, ist kein Zeichen von Schwäche

Von Wolfgang Eitler

Wenn ein Ereignis dem oberbayerischen Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler und seinen Appell für einen eigenen städtischen Denkmalschützer eindrucksvoll bestätigt, dann der heftige Streit um die Zukunft des Schlossbergs in der Altstadt. Vor vier Jahren versuchte eine Bürgergruppe einen Abriss der Flaschenabfüllerei zu verhindern. Damals irritierten Stadtrat und Bauamt durch Fehlinformationen die Öffentlichkeit. Beispielsweise übergingen sie die Position des Denkmalschutzes, der sich gegen sie gestellt hatte. Die Folge waren heftige gegenseitige Anwürfe, die in einen Bürgerentscheid mündeten.

Wenn ÜB-Sprecher Rainer Rösch einen ehrenamtlichen Heimatpfleger als unnötig ablehnt, blendet er diese brisanteste baupolitische Debatte der jüngeren Vergangenheit komplett aus. Denn mit einem Heimatpfleger als Moderator hätten die Beratungen mit Sicherheit einen anderen Verlauf ohne Bürgerentscheid genommen. Schließlich lag das Landesamt mit seiner statischen Einschätzung des Bauwerks ziemlich daneben. Insofern ist diese Debatte der eindeutige Gegenbeweis zur These von CSU und ÜB, dass Entscheidungen ohne einen solchen Experten zügiger und vor allem einvernehmlicher gefällt würden.

Vor allem aber überrascht an der kategorischen Ablehnung eines Heimatpflegers durch den Stadtrat die Rigorosität, in der sie vorgetragen wird. Ein solcher Stil lässt nur einen Schluss zu: Die Mehrheit sieht wohl in einer externen Beratung ein Zeichen des Schwäche: So als ob sie öffentlich eingestehen müsste, nicht alles zu wissen, nicht alle Umstände eines Projekts beachten und in die Überlegungen einfließen lassen zu können. Tatsächlich aber wäre ein solches Eingeständnis ein Zeichen der Stärke und des Wissens um die eigenen Grenzen als ehrenamtlich tätiges Gremium.

Noch steht die Entscheidung über einen externen Gestaltungsbeirat aus. Seit Jahrzehnten fordern ihn Architekten, Kulturschaffende und Bürger. Bisher lehnte ihn der Stadtrat in typischer Mir-san-Mir-Mentalität ab. Für dieses Thema gilt die gleiche Diagnose wie für den Denkmalschutz. Die Gesichtslosigkeit der Wohngebiete lässt einen einzigen Schluss zu: Die Baupolitik kann nur besser werden.

© SZ vom 02.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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