Kommentar:Warnendes Beispiel

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Der Streit um das Betreute Wohnen im Karlsfelder Gewerbegebiet kann anderen Gemeinden zeigen, wie Ortsentwicklung nicht ablaufen sollte

Von Gregor Schiegl

Eine Hand wäscht die andere. Dieser Satz wird landläufig gerne verwendet, wenn es um schmutzige Machenschaften und Mauscheleien geht. Tatsächlich beschreibt der Satz eigentlich nur einen Grundsatz, der im juristischen, politischen und alltäglichen Umgang selbstverständlich ist: Geben und Nehmen. Deswegen hat die Gemeinde Karlsfeld dem Investor auf dem gewerblichen Areal westlich der Bahn auch eine große Anlage für Betreutes Wohnen zugebilligt: Er ist es, der für sie das Areal entwickeln soll, er ist es, der Handel und Dienstleistung, Forschung, Technik und vor allem einen Lebensmittelladen in den schnell wachsenden Ortsteil holen soll. Tut er das, ist die Rechnung aufgegangen; tut er es nicht, schaut die Gemeinde mit dem Ofenrohr ins Gebirge.

Genau das befürchtet das Bündnis für Karlsfeld: Die Erfahrungen zeigen ja, dass Investoren sich gerne die Rosinen herauspicken und problematische Areale lieber verkaufen als zu viel zu riskieren. Das heißt aber nicht, dass der Investor das in diesem konkreten Fall auch tun wird oder tun will. Im Gegenteil: Wer sich die Projekte näher ansieht, die die Firma Erl-Bau in verschiedenen Kommunen umgesetzt hat, bekommt den Eindruck, dass hier ein verlässlicher Partner am Werk ist.

Dennoch wäre es nicht verkehrt, noch einmal kritisch zu überprüfen, ob das Betreute Wohnen nicht auch eine Nummer kleiner zu haben wäre - im Sinne der Gemeinde, aber auch des Investors selbst. Ein Stadtteilzentrum, und nichts anderes ist der neue Ortsteil am Bahnhof, verträgt, ja, erfordert eine gewisse Höhe und Dichte. Eine mehr als 170 Meter lange Fassade ist städtebaulich aber nicht ganz unproblematisch, um es mal vorsichtig auszudrücken. Man wird sehen, wie die Bauherren diese Herausforderung gestalterisch lösen wollen - wenn sie denn zu lösen ist. Nur wenn es gelingt, diesen Komplex so zu errichten, dass er auch von den Anwohnern akzeptiert werden kann, ist tatsächlich die Planungssicherheit hergestellt, die der Investor braucht, um das Gelände zu entwickeln. Die juristischen Auseinandersetzungen um die Neue Mitte Karlsfeld sollte allen ein warnendes Beispiel sein.

© SZ vom 29.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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