Kommentar:Unnötige Hängepartie

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Der Landkreis hat das vierte Gymnasium längst beschlossen. Jetzt muss nur das Kultusministerium noch mitziehen

Von Wolfgang Eitler

Im Abschiedsinterview mit der SZ hat Hansjörg Christmann vor einem Jahr seine kommunalpolitische Grundhaltung als Landrat formuliert. Sie lautet: "Ich hoffe auf ein Umdenken. Einzelbefragung und Volksabstimmung allein dürfen die Politik nicht bestimmen." Er kritisierte damit den Hang zu vermeintlich stichhaltigen Bedarfserhebungen, um sich bei politischen Beschlüssen abzusichern. Eine sinnvolle Konzeption einer Fachoberschule in der Nachbarschaft zur modern ausgestatteten Berufsschule und staatlichen Realschule in Dachau ist daran gescheitert.

Seit kurzem verbrämt die CSU die Niederlage, welche das bayerische Kultusministerium dem Landkreis zufügte, damit, dass sie die neue kirchliche Privatinitiative für eine Fachoberschule in Markt Indersdorf an der dortigen Realschule überschwänglich lobt. Dazu steigert sie sich in ein in diesem Fall unsinniges Credo gegen eine zentralistische Strukturpolitik für die Region hinein. Will sagen, nicht alles muss nach Dachau. Aber es ist halt so, dass eine Fachoberschule vor allem wegen des technischen Zweigs per se ein zentralistisches Angebot ist: für all die Schüler, die eine Realschule und/oder eine Berufsschule erfolgreich absolviert haben.

Eine solche Ausrede ist der CSU bei dem Wunsch nach einem vierten Gymnasium nicht vergönnt. Denn fast der gesamte Kreistag ist für den Bau. Der Standort in Karlsfeld ist klar. Die Gemeinde hat in S-Bahn-Nähe ein angemessenes Grundstück reserviert. In der ehemaligen staatlichen Realschule an der Steinstraße in Dachau ist der erfolgreiche Aufbau eines gebundenen Ganztagszweigs bis zur 10. Jahrgangsstufe gelungen. Das Kultusministerium hat ihn endlich genehmigt.

Jetzt wäre alles wunderbar, wenn das Ministerium auch den Bau eines vierten Gymnasiums endlich befürworten würde. Oder sollen die Schüler an der Steinstraße in dem maroden Gebäude bleiben, das für die Realschüler nicht mehr gut genug war? Das Ministerium hält sich bedeckt und hat den Landkreis in eine Hängepartie hinein getrieben.

Fakt ist, dass die schulische Entwicklung des Landkreises, für die ein breiter politischer Konsens besteht, seit Jahren durch das Kultusministerium blockiert wird. Aus all den negativen Aspekten lässt sich ein einziger positiver gewinnen: Der Aufbau eines Ganztagsgymnasiums in Dachau ist nicht - wie eine staatliche Fachoberschule - an Bedarfsumfragen gescheitert. Er wurde im Kreistag aus grundlegenden Erwägungen über die Zukunft schulischer Bildung beschlossen.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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