Kommentar:Steinewerfer im Glashaus

Lesezeit: 1 min

Kritik zu üben, ist das gute Recht der Bürgerstimme Haimhausen. Doch viele ihrer Vorwürfe fallen auf sie selbst zurück

Von Rudi Kanamüller

Dass sich die unterschwelligen Spannungen zwischen der CSU-Fraktion, Bürgermeister und Bürgerstimme im Haimhausener Gemeinderat irgendwann entladen würden, war zu erwarten. Zu lange hatte es schon unter der Decke gebrodelt. Da brauchte es nicht viel, um die Lunte zu entzünden. Die Lunte war in diesem Fall ein Wortbeitrag der Bürgerstimme im Gemeindeblatt, in dem die Fraktion ihre Finger in vermeintliche Wunden der gemeindlichen Politik legte: Versäumnisse beim sozialen Wohnungsbau ("verschlafen"), Geheimniskrämerei bei Bebauungsplänen und Falschinformationen (Zahnarztpraxis). Starker Tobak. Zu stark nach Ansicht der CSU.

Fest steht, dass mit dem Einzug der Bürgerstimme in den Gemeinderat die kuscheligen Zeiten vorbei sind - und sich alle übrigen Parteien mit dieser neuen Gruppierung immer noch schwer tun. Um es klar zu sagen: Kritik zu üben und nachzufragen, erfüllt nicht den Tatbestand der Majestätsbeleidigung, sondern gehört zu den selbstverständlichen demokratischen Gepflogenheiten. Ebenso wie es erlaubt ist, Versäumnisse zu brandmarken. Wer wollte es der Bürgerstimme also verübeln, im Gemeinderat oder wo auch immer, ihre Stimme zu erheben, wenn sie es für notwendig und angebracht hält? Allerdings sollten sich deren Mitglieder vorher genau überlegen, ob man bei bestimmten Themen (Zahnarztpraxis, Bebauungspläne, Nichtöffentlichkeit) unbedingt mit Steinen werfen sollte, wenn man selbst mit im Glashaus sitzt. Das tut die Bürgerstimme, weil auch sie an den vielen einstimmigen Beschlüssen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse beteiligt ist und jederzeit im Gemeinderat Öffentlichkeit zu Punkten beantragen könnte, wo sie es für angebracht hält.

Viel mehr Gedanken sollte sich die Bürgerstimme allerdings über den Erosionsprozess machen, der in ihren Reihen offenkundig eingesetzt hat. Wie sonst käme ihr Gemeinderat Josef Brandmair auf die Idee, Bürgermeister Peter Felbermeier öffentlich sinngemäß als unersetzlich zu bezeichnen? Dass die CSU Brandmair immer noch als Mitglied in der Kartei führt und ihn nicht wegen parteischädigendem Verhalten ausgeschlossen hat, spricht auch Bände.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: