Kommentar:Schräger Dialog

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Das Rote Kreuz hat den angekündigten Austausch über die Dachauer Tafeln mit den Asyl-Helferkreisen nicht geführt. Eine Chance auf Wiedergutmachung ist somit verpasst.

Von Anna-Sophia Lang

Man muss, auch wenn einiges dafür spricht, dem Roten Kreuz nicht zwangsläufig unterstellen, es hätte den Dialog mit den Helferkreisen nur zum Schein angekündigt. Vielleicht hat der Vorstand es einfach nicht besser gewusst, wenngleich man dem BRK-Vorsitzenden eine derartige Unkenntnis nicht zutrauen möchte. Auf jeden Fall hätte der Wohlfahrtsverband etwas gutzumachen gehabt, und das hat er verpasst. Die Ausgrenzung von Asylsuchenden hatte enormen Schaden angerichtet. Sie hat den Ruf des Roten Kreuzes, der wichtigen und angesehenen Dachauer Tafel, der ganzen Stadt geschadet. Dachau, und nur das blieb bundesweit im Gedächtnis hängen, grenzt Flüchtlinge aus - Beifall von Rechts trifft diese Stadt in ihrer geschichtlichen Verantwortung besonders.

Eine Erklärung oder eine Entschuldigung kam nie

Es bedurfte massiver Proteste und einer Intervention der restlichen Vorstandsmitglieder, um den Vorsitzenden Seidenath auch nur ansatzweise zum Einlenken zu bringen. Spätestens nach ihrer Krisensitzung wäre es Zeit für eine Erklärung oder eine Entschuldigung gewesen. Die kamen nie. Nicht einmal der angekündigte Dialog mit den Helferkreisen fand statt; dabei könnten sie am besten den Bedarf der Asylsuchenden einschätzen. Das präsentierte Umfrageergebnis ist nicht nur zweifelhaft, es erscheint im Licht der Ereignisse als nachträgliche Rechtfertigung des rigorosen Vorgehens gegen Flüchtlinge; dass man nun "Einzelwünsche" diskutiert, ist ein Armutszeugnis für den Wohlfahrtsverband, der nahe am Menschen zu sein vorgibt. Der generelle Aufnahmestopp erscheint Kritikern zwangsläufig als Trick - als Variante der von der CSU in der Asylpolitik geforderten Obergrenze. Wie geht das? Der 2000. Antragsteller bekommt nichts zu essen? Wiedergutmachung sieht anders aus, das BRK hat die Chance dafür verpasst.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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