Kommentar:Rücksicht statt Abgrenzung

Lesezeit: 1 min

Wir können unterschiedliche Interessen auf Dauer nicht mit dem Ausweisen von Zonen lösen. Das einzige, was hilft, ist Rücksichtnahme

Von Viktoria Großmann

Nicht die Hunde sind das Problem. Es sind vielmehr ihre Halter. Die Stadt Dachau hat nun eigens ein Grundstück gepachtet und als Freilauffläche ausgewiesen, auf der Hunde ohne Leine herumtollen können. Es sei ihnen gegönnt. Immer nur an der Leine sein, das wäre wirklich ein Hundeleben. Bisher ist an vielen Orten die Leine Pflicht. In sensiblen Naturschutzgebieten bleibt sie das auch. Wenn aber die Hunde erzogen wären und sich einfach nicht für andere Menschen als ihren Besitzer interessieren würden, dann hätte es kaum Beschwerden über freilaufende Hunde gegeben. Dann wäre es gar nicht nötig, dass die Stadt dieses äußerst achtbare Friedensangebot vorlegt und damit einmal mehr zeigt, dass Probleme an Stadtverwaltung und Stadtrat nicht vorbei gehen, sondern gehört und bearbeitet werden.

Nun wird es eine Zone für freilaufende Hunde geben und weiterhin Zonen für angeleinte Hunde. So wie irgendwann mal Zonen für Nichtraucher und später, als sich die Verhältnisse umkehrten, für Raucher eingeführt wurden. Wie viele Zonen wollen wir noch? Überall strikt getrennte Rad- und Fußwege? Ruhezonen und Plauderzonen im Freibad? Abteile für Schulklassen und Touristengruppen und solche für Zeitungsleser in der S-Bahn? Jede Zone ist eine Armutserklärung für die Gesellschaft. Wir sind viele. Wir werden mehr. Wir müssen irgendwie zusammenleben. Das lässt sich auf Dauer nicht durch Abgrenzung lösen. Sondern nur durch Rücksichtnahme.

1771 Hunde in einer Stadt mit mehr als 47 000 Einwohnern erscheinen nicht besonders viel. Wie kann es sein, dass diese paar Vierbeiner, unter denen sich mutmaßlich einige harmlose Dackel befinden, zu so einem Unfrieden führen? Sodass sich die Stadt und das Bauamt, das für wahrhaft wichtigere Dinge Grundstücke braucht, damit beschäftigen müssen? Die Freilaufzone sieht aus wie ein Gewinn für alle. Andererseits: Dürfen jetzt nur noch Furchtlose über die Fläche hinter dem Hallenbad gehen? Letztlich ist es eine Bestrafung. Denn das Hunde mal ohne Leine unterwegs sind, würde hingenommen werden, wenn sich nicht einige wenige Besitzer daneben benehmen würden. Es gibt genügend verantwortungsvolle Hundehalter, die ihre Tiere zu sich rufen, wenn sie andere Spaziergänger nur von weitem sehen. An diesem einem Grundsatz ändert sich nichts: Letztlich helfen nicht Leinen und Zonen. Sondern nur, den Hund zu erziehen und Rücksicht zu nehmen. Und zwar aus Liebe zum Tier sowohl wie zum Menschen.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: