Kommentar:Riskante Politik

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Das Klinikum scheint am Abhang zur gefährlichen Pflege zu balancieren. Es wäre wünschenswert, wenn der Kreistag endlich den Betriebsrat anhören würde

Von Wolfgang Eitler

Seit mehr als 20 Jahren drehen sich die Dauerdebatten um eine qualitativ hochwertige Pflege im Dachauer Klinikum im Kreis. Seit mehr als 20 Jahren weigert sich der Kreistag, die Perspektive der Pflegekräfte ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Klar, mehr als 50 Millionen Euro erlöste der Landkreis in den vergangenen 15 Jahren aus dem Verkauf der Mehrheitsanteile an der Amper-Klinikum AG und baute damit das Schulwesen aus. Da will man als Kreisrat nicht klagen.

Die Diskussion an diesem Freitag könnte eine der Besinnung werden. Denn Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe hat die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Beschwerden öffentlich unterstützt. Kolbe gehört der CSU an. Damit bröckelt erstmals seit 20 Jahren die Phalanx der harten Widersacher jeglicher Kritik, sei es an Helios oder am Vorgänger, der Rhönklinikum AG als Mehrheitseigner.

Bisher blockierte die CSU bereits vorsichtige Versuche der Kritik mit dem Hinweis, dass es nicht Aufgabe der Kreispolitik sei, sich ins "operative Geschäft" des Unternehmens einzumischen. An diesem Freitag sollten sich die Kreisräte fragen, was denn noch operativ ist an der Resignation von Pflegekräften, die täglich über die Belastungsgrenze hinaus gehen. Deren Gefühl, wegen der Rahmenbedingungen allenfalls zu einer ausreichenden, aber zu keiner guten, die eigenen Ansprüche befriedigenden Pflege mehr fähig zu sein, ist ein Alarmsignal.

Denn die Klagen und Beschwerden mindern langfristig den Wert des gesamten Unternehmens. Trotz der konsequenten Privatisierung hat die Bevölkerung besonders das Dachauer Klinikum immer als das ihre empfunden. Nur so ist auch die massive Verärgerung zu verstehen, die sich ebenfalls in den sozialen Medien darstellte. Dieses wertvolle Kapital beginnen Helios und Kreistag zu verspielen. Operativ gesehen, ist diese Option eine ziemlich schlechte. Insofern wäre es wünschenswert, dass die Kreispolitiker den Betriebsrat endlich wirklich anhören würden. Noch wünschenswerter wäre es, wenn sie als dessen Anwalt gegenüber Helios auftreten würden. Denn es verstärkt sich der Eindruck, dass das Klinikum am Abhang zur gefährlichen Pflege balanciert.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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