Kommentar:Profilieren um jeden Preis

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Bernhard Seidenath zieht auf lokaler Ebene die von der CSU gewünschte Abschreckungspolitik durch

Von Wolfgang Eitler

Die CSU hat es stets verstanden, die Mehrheit der Vereine, ehrenamtlichen Organisationen und Initiativen zu begleiten und sich als ihr Anwalt darzustellen. Die Strategie ist seit Jahrzehnten nicht nur im Landkreis Dachau erfolgreich, aber Politiker wie der ehemalige Landrat Hansjörg Christmann waren darin besonders geschickt. Denn sie hielten die Balance zwischen der Werbung für die eigene Partei und einem ernsthaften Interesse an der jeweiligen Organisation. Die Kultur ist dafür ein besonders gutes Beispiel. Die Künstler und auch deren Publikum gehören nicht unbedingt zu den Wählern der CSU, gleichwohl gewann Christmann, die Sympathie vieler maßgeblicher Vertreter. Dafür hat die Partei einen Begriff geprägt: Arbeit im vorpolitischen Raum.

Dagegen vereinnahmt Bernhard Seidenath Vereine und Verbände für seine Partei. So ist es Christmanns Nachfolger als Kreisvorsitzender gelungen, das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Dachau in die Phalanx der Landes-CSU gegen die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin einzureihen. Dazu setzte er als BRK-Vorsitzender im Landkreis den Beschluss durch, dass Asylbewerber bei der Dachauer Tafel für bedürftige Menschen keine Lebensmittel abholen dürften.

Die BRK-Entscheidung dient allein der Abschreckung und entspricht damit der Haltung der CSU in der Flüchtlingspolitik, wie sie bereits im Januar in einem Strategiepapier des Innenministeriums dokumentiert ist: Denn tatsächlich kann die Dachauer Tafel überhaupt kein Problem mit Asylbewerbern haben, weil sich noch keiner von ihnen bei ihr gemeldet hat. Aber Flüchtlinge wie deren Helfer werden sich jetzt hüten und beim BRK um Hilfe bitten. Außerdem assistiert die Organisatorin der Tafel, Edda Drittenpreis, Seidenath mit angeblichen Beobachtungen und Erzählungen vom Hörensagen, die geeignet sind, Vorurteile über Ausländer im Allgemeinen und Muslime im Besonderen zu fördern.

Es ist ja hinlänglich bekannt, dass Bernhard Seidenath nach einem herausgehobenen Posten in die Landespolitik strebt. Deshalb ist er in der Vergangenheit immer wieder in Konflikt mit der Kommunalpolitik geraten. Beispielsweise traute er sich nicht, gegen eine Dritte Startbahn zu stimmen und damit gegen die Staatsregierung. Der BRK-Beschluss ist bestimmt geeignet, sich bei der Landes-CSU als ausgewiesener Sozialpolitiker zu profilieren.

© SZ vom 09.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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