Kommentar:Neues Gesicht, alte Politik

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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bietet Medienschelte statt Lösungen

Von Helmut Zeller

Gerade in der Vorweihnachtszeit gibt es auch für bayerische Kabinettsmitglieder mal einen angenehmen Termin. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) hat am Montag in Unterreit im Landkreis Mühldorf die Christbaumsaison gestartet. Das war schön und irgendwie heimelig. Bei ihrem ersten Auftritt im Landkreis Dachau tat sie sich hingegen etwas schwer. Nicht dass sie keinen Applaus bekommen hätte, nein, der fiel sogar stark aus, schließlich stimmte sie das sattsam bekannte Lied von der so böse geschmähten Landwirtschaft an. Die Medien seien Mitschuld an der Kritik an der konventionellen Landwirtschaft und an der Tierhaltung - ganz so, als wäre nicht die industrialisierte Agrarwirtschaft eine Ursache für die Vergiftung von Böden und Trinkwasser, Belastung des Klimas und gesundheitlichen Problemen, sondern jene, die über entsprechende wissenschaftlicher Studien berichten, die das belegen. Letztlich geht diese Entwicklung auch zu Lasten der mittelständischen Bauernbetriebe. Es ist schade, dass der Bauernverband nicht wirklich die wahren Ursachen der Probleme der Landwirte anpackt.

So gesehen, waren die Aussagen Kanibers politisch, um in der Branche zu bleiben, ein gewaltiger Mist. Hat diese Ministerin überhaupt keine Ahnung - oder tut sie nur so, um den Wählern aus der Landwirtschaft zu gefallen? Dabei hätte ihre Partei doch durch ihre schreiende Niederlage bei der Landtagswahl merken müssen: So lässt sich Politik bei der Mehrheit der Wähler nicht mehr verkaufen. Nur ein Beispiel: Die Bundesregierung geht nicht nur im Dieselskandal vor der Automobilindustrie in die Knie. Der Agrarlobby zuliebe verschiebt sie ein Verbot der Ferkelkastration ohne Narkose - und in der bayerischen Provinz weiß eine Ministerin nichts anderes dazu zu sagen, als dass ein Ferkel schon quiekt, wenn man es nur auf den Arm nimmt. Das spricht für eine ziemlich schräge Einstellung zur Schöpfung und dem Tierleid. Michaela Kaniber - ein neues Gesicht in der alten Politik.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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