Kommentar:Mitgliederinteresse missachtet

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Ziel der Tarifverhandlungen an den Helios Amperkliniken sollte es sein, das Pflegepersonal aufzustocken. Das hat die Gewerkschaft Verdi verfehlt

Von Robert Stocker

Der Frust bei vielen Pflegekräften über die Arbeitsbedingungen und Überlastung im Dachauer Amperklinikum war groß. So groß, dass sie im vergangenen Herbst auf die Straße gingen. Die Warnstreiks sollten Druck auf die Leitung der Helios Amperklinikum AG ausüben, bei den Tarifverhandlungen auf ihre Hauptforderung einzugehen: der Einstellung von zusätzlichem Personal. Darin waren sich Arbeitnehmer und die Gewerkschaft Verdi einig. Dieses Ziel wurde auch in der Urabstimmung über die Streiks formuliert.

Von diesem Schulterschluss zwischen Beschäftigten und Gewerkschaft ist mittlerweile nicht mehr viel übrig geblieben. Verdi verhandelte mit der Klinikleitung letztlich nur noch über eine Gehaltserhöhung und verkaufte den Einstieg in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes als großen Erfolg. Von der Forderung, mehr Personal einzustellen, ist nicht mehr die Rede. Zumindest, was die Gewerkschaft betrifft. Die Unabhängige Betriebsgruppe Amperkliniken, der auch Pflegekräfte angehören, ist frustriert und enttäuscht. Die Gewerkschaft habe das wichtigste Ziel nicht erreicht, heißt es in einer Petition. Im Gegenteil: Sie habe sich von der Klinikleitung mit einer besseren Bezahlung für die Mitarbeiter ködern lassen. Als Ersatz dafür, dass das Personal vorerst nicht aufgestockt wird.

Dass sich viele Mitarbeiter jetzt von der Gewerkschaft nicht richtig vertreten fühlen, ist nachvollziehbar. Auch Verdi hat vor den Tarifverhandlungen deutlich gemacht, dass es im Kern um die Überlastung des Personals und die Schaffung zusätzlicher Stellen geht. Das ist auf der Homepage von Verdi nachzulesen. Die Betriebsgruppe wolle sich mit ihrem Widerspruch nur für die Betriebsratswahl profilieren, argwöhnt ein Gewerkschaftsvertreter. Das ändert aber nichts daran, dass eine Gewerkschaft die Interessen der Mitglieder vertreten muss. In diesem Fall wurden sie nicht wirklich wahr genommen.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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