Kommentar:Mit Achselzucken ist es nicht getan

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Es ist gesetzliche Pflicht, jedem Grundschüler schwimmen beizubringen, dennoch sind immer mehr Kinder Nichtschwimmer. Es ist Zeit, gemeinsam nach einer Lösung für das Problem zu suchen

Von Helmut Zeller

Deutschland wird zum Nichtschwimmerland - und Dachau bildet keine Ausnahme. Einer Forsa-Umfrage zufolge kann knapp die Hälfte der Erwachsenen nicht richtig schwimmen. Schon 2005 konnte sich ein Drittel der Zehnjährigen nicht sicher im Wasser bewegen. 2010 war es jedes zweite Kind, nun sind es 59 Prozent. Es wird noch viel schlimmer kommen. Das befürchten nicht nur Fachleute wie die Lebensretter der DLRG. Diese dramatische Entwicklung ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die finanziell klammen Kommunen in den vergangenen Jahren in großem Stil ihre Bäder geschlossen haben. Aber das trifft nicht auf Dachau zu: Hier wird für Millionen Euro ein neues Hallenbad gebaut.

Auch deshalb ruhten viele Hoffnungen auf dem Projekt, das Dachauer Grundschullehrer zusammen mit den Stadtwerken Dachau aufgezogen haben. Eine prima Idee; und es ist nicht einzusehen, warum sie nicht weiterverfolgt werden sollte, eigentlich müsste, weil es schließlich um die Gesundheit und das Leben der Kinder geht - um unsere Zukunft, wie die Politiker so gerne sagen. Da mutet es einen schon seltsam an, dass Dachauer Stadträte sich einfach aus der Verantwortung gestohlen haben - mit dem lapidaren Hinweis, dass es Sache der Eltern sei, ihren Kinder das Schwimmen beizubringen. Dieser Logik folgend könnte man auch den Bau von Kitas einstellen, weil es schließlich Sache der Eltern ist, für Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zu sorgen. Dagegen gibt man ohne viel Diskussion für völligen Unsinn Tausende von Euros aus, etwa für die hochmodernen Poller, die im entleerten Altstadtviertel in der Nacht einsam blinken.

Die Stadtwerke, die an dem vorbildlichen Kooperationsprojekt mitwirken, können nicht unter die jetzige ohnehin geringe Gebühr gehen. Weil es am Geld fehlt, müssen die Schulen - mit Ausnahme der Klosterschule - einen großen Organisationsaufwand treiben, wollen sie Kinder, die nicht richtig schwimmen können, von einem Schwimmmeister ausbilden lassen. Die Verantwortung ist keinem Pädagogen zuzumuten, dass er eine ganze Klasse von Schwimmern und Nichtschwimmern im Freibad beaufsichtigen muss. Außerdem sind die Lehrer und Schulen sicherlich ohnehin überlastet. Vielleicht wird dieses Fach gerne als erstes eingespart - angesichts der Unterrichtsausfälle und des Lehrermangels.

Dennoch: Es ist sogar gesetzliche Pflicht, jedem Grundschüler schwimmen beizubringen. Also sollten doch alle Beteiligten, Schulen, Stadt, Stadtwerke, sich zusammensetzen und auf eine Lösung hinarbeiten - im Sinne der Dachauer Kinder. Wenn sich auch noch weitere Sponsoren fänden, wäre das eine mehr als willkommene Unterstützung.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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