Kommentar:Mehr Personal wäre ein Gewinn

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Die Presse, Gewerkschaft und Mediziner sollen schuld sein am wirtschaftlichen Einbruch der Amper-Kliniken. Doch die Helios-Vertreter verwechseln in ihrer Analyse die Ursache mit der Wirkung

Von Robert Stocker

Pflegerinnen und Pfleger sammeln Überstunden an, weil sie als Reservekräfte einspringen, wenn es personelle Engpässe gibt. Kurzfristige Engpässe entstehen in der Regel durch Krankheitsfälle. Wer auf Dauer am Anschlag arbeiten muss, wird leichter krank. Wenn Stationen einer Klinik chronisch unterbesetzt sind, ist die Arbeitsbelastung der Beschäftigten zwangsläufig hoch. Die Gewerkschaft Verdi hat deshalb erst neulich wieder zu einer Protestaktion vor dem Dachauer Amper-Klinikum aufgerufen. Die Teilnehmer forderten mehr Personal und verbindliche Vorgaben für die Zahl der Beschäftigten.

Die Protestaktion war kein Einzelfall. Schon seit Jahren gehen Pflegekräfte der Amper-Kliniken immer wieder auf die Straße, um ihren Unmut über den Personalmangel und die hohe Arbeitsbelastung kund zu tun. Allein, geändert hat sich in all den Jahren nichts. Das Management der Amper-Kliniken steuerte einen harten Kurs, bei dem in erster Linie wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen. Eine Unternehmenspolitik, die auf Kosten der Beschäftigten und letztlich auch der Patienten ging. Jetzt ist diese Politik nach hinten losgegangen. Die Klagen über Missstände in der Pflege häuften sich. Und sie wurden nach außen getragen. Hausärzte raten Patienten deshalb von einem stationären Aufenthalt in den Kliniken ab. Kranke wollen sich dort nicht mehr behandeln lassen. Die Zahl der Patienten ging zurück, Umsätze und Gewinne purzeln in den Keller.

Die Klinikleitung ist darüber freilich nicht erfreut. Der wirtschaftliche Einbruch trifft sie ins Mark; genau den hatte sie ja mit der Sparpolitik vermeiden wollen. Doch die Schuldigen dafür hat sie schnell gefunden: eine Gewerkschaft, die ständig aufbegehrt, zweifelnde Mediziner, die ihre Häuser nicht mehr empfehlen - und nicht zuletzt eine Presse, die kritisch berichtet. In dieser Analyse wird die Ursache mit der Wirkung verwechselt: Mediziner, Patienten und Medien haben auf die Pflegemängel nur reagiert. Sie sind nicht die Ursache der Missstände, die Reaktionen sind eine Folge davon. Jetzt muss die Klinikleitung ihrerseits schnell reagieren und versuchen, Personal aufzubauen. Das ist im Pflegebereich sicher nicht leicht. Unter dem Strich könnte es ein Gewinn für die Kliniken sein.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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