Kommentar:Mahnende Stimme

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Solange Naturschützer sich auf die Pflege von Biotopen beschränken, bekommen sie von der Politik viel Zustimmung. Aber wehe sie geben Kontra

Von Robert Stocker

Das Gesicht der Erde hat sich in den vergangenen hundert Jahren gravierend verändert, wahrscheinlich so einschneidend wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Die Erfindung des Autos - um nur ein Beispiel zu nennen - hat den Menschen das Leben erleichtert und sie wesentlich mobiler gemacht. Das ist die eine Seite der Medaille. Doch der technische Fortschritt hat auch einen großen Tribut: Millionen von Autos verpesten die Luft, für den zunehmenden Verkehr sind Straßen nötig, die Eingriffe in die Natur verursachen. Vor hundert Jahren berichtete der Dachauer Maler Carl Thiemann noch von tausenden Kiebitzen im Dachauer Moos. Heute kämpfen die Naturschützer um den Lebensraum der letzten Exemplare im Landkreis.

Dennoch hat die Kreisgruppe in den vergangenen 40 Jahren viel erreicht. Auf ihr Betreiben hin wurde das Weichser Moos unter Naturschutz gestellt, das Glonntal als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Ihre Mitglieder pflegen wertvolle Biotope, die andernfalls wohl verloren gingen. Im Dachauer und Palsweiser Moos sorgen die Naturschützer dafür, dass moortypische Arten von Pflanzen und Tieren auch weiterhin erhalten bleiben. Bei vielen Projekten werden die Naturschützer auch von der Lokalpolitik unterstützt, zum Beispiel wenn es um den Erwerb von Flächen geht.

Doch der Konsens zwischen beiden Seiten ist schnell vorbei, wenn die Naturschützer aus Sicht der Politik unbequeme Positionen vertreten. Naturschützer gelten als missliebige Umweltapostel, wenn sie ihre Stimme gegen Projekte erheben, die Politiker gerne durchsetzen würden. Zwei Beispiele im Landkreis sind der Grünzug zwischen Dachau und Karlsfeld und der geplante Bau der Ostumgehung. Die Naturschützer kündigen ein massives Klageverfahren an, sollte der Straßenbau genehmigt werden. Wie auch immer der Streit ausgehen wird: Es wird ein hartes Ringen zwischen beiden Seiten geben. So lange sich Naturschutz auf die Pflege von Biotopen beschränkt, ist die Zustimmung der Politik gewiss. Leistet er aber politischen Widerstand, wird es ziemlich schnell ungemütlich.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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