Kommentar:Legitimer Pragmatismus

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Warum die Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (CSU) und Michael Schrodi (SPD) weiter an der Koalition festhalten wollen

Von Gerhard Eisenkolb

Auf den ersten Blick überrascht es, wie einmütig und zudem teilweise sogar noch mit fast identischen Argumenten sich Katrin Staffler und Michael Schrodi für die Fortführung der großen Koalition aussprechen. Es wäre jedoch falsch, dies auf eine Annäherung von deren politischen Positionen zurückführen. Dazu sind die Unterschiede zwischen beiden zu groß. Ist doch der Sozialdemokrat fest in der Parteilinken verortet, die mit den gemäßigten Positionen der CSU-Politikerin unvereinbar sind.

Neben dem Trennenden gibt es jedoch auch Verbindendes. So können die beiden miteinander. Schließlich gehören sie der gleichen, vor zwei Jahren mit an die Macht gekommenen Politikergeneration an. Hinter dem Ja der beiden jungen Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis zur großen Koalition steckt ein neuer Pragmatismus, der auch für viele ihrer gleichaltrigen Wähler gilt. Verbunden mit der Hoffnung, die große Koalition in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Aber auch die Taktik, die eigene Position bei Neuwahlen nicht zu schwächen und sich so das eigene Mandat zu sichern.

Pragmatismus heißt im konkreten Fall für Staffler und Schrodi, das Beste aus einer schwierigen Situation zu machen und sich ihrer Verantwortung zu stellen. Was beide tun, ist legitim. Sie messen die Arbeit ihres Zweckbündnisses nicht am Abschneiden ihrer Parteien bei Wahlen wie der des EU-Parlaments, sondern an ihrer Aufgabe. Und die besteht auch darin, einen Koalitionsvertrag zu erfüllen und Ergebnisse vorzuweisen.

Handlungsfähig ist die Bundesregierung nach wie vor. Doch ein Pragmatismus, wie ihn die beiden Landkreisabgeordneten nun beschwören, hat auch Grenzen. Zu offensichtlich sind die jahrelangen Versäumnisse der Union und SPD bei Klimaschutz, sozialem Wohnungsbau oder in anderen Bereichen. Zwar räumen beide ein, dass es nicht genüge, wie bisher weiterzumachen. Aber sie lassen offen, wie die Defizite ausgeglichen und neue inhaltliche Akzente gesetzt werden sollen. Auch daran und nicht nur an der Erfüllung des Koalitionsvertrags müssen sich Staffler und Schrodi spätestens bei der nächsten Bundestagswahl in ihrem Wahlkreis messen lassen.

© SZ vom 11.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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