Kommentar:Kolbes Meisterstück

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Mit dem Vorschlag für ein umfassendes Landschaftsschutzgebiet erweist sich Karlsfelds Bürgermeister als Brückenbauer, der die eigenen Leute überrascht und die anderen auf seine Seite zieht

Von Gregor Schiegl

Stefan Kolbe war kaum im Amt, da hefteten ihm seine Parteifreunde schon das Etikett "Brückenbauer" an. Der erste CSU-Bürgermeister in der Geschichte der Gemeinde Karlsfeld sollte wahrgenommen werden als einer, der mit sanfter Klugheit die Bürger zusammenführt, der Gemeinsinn schafft und Interessengegensätze in tragfähige Kompromisse auflöst. Mit der Realität hatte das wenig zu tun. In seiner ersten Amtszeit versuchte Kolbe Konflikten aus dem Weg zu gehen, unbequeme Entscheidungen aufzuschieben oder an Fachleute zu delegieren. In der politischen Praxis, wo harte Interessengegensätze aufeinanderprallen, ist das mit dem Brückenbauen eben nicht ganz so einfach. Erst recht nicht, wenn man ohne praktische politische Erfahrung ins Amt gekommen ist.

Nun könnte Kolbe seinem Namen als Brückenbauer doch noch Ehre machen. Der Plan für ein großes Landschaftsschutzgebiet ist ein Meisterstück, mit dem er seine eigene Fraktion verblüfft hat. Ein umfassendes Landschaftsschutzgebiet wäre eine politische Garantie, dass die stückweise Verscherbelung der letzten natürlichen Freiräume ein Ende haben wird - nach der Ausweisung des neuen Gewerbegebiets. Das ist der Deal: Do ut des. Damit zieht Kolbe viele Kritiker auf seine Seite. Dass jetzt noch ein Bürgerbegehren gegen das Gewerbegebiet initiiert wird, ist kaum vorstellbar. Ebenso schwer vorstellbar ist, dass sich das Drama von 2010 im Kreistag wiederholt. Die Karlsfelder CSU, die mit Wolfgang Offenbeck den Fraktionschef der Kreistags-CSU stellt, wird ihr ganzes politisches Gewicht geltend machen, damit der Antrag diesmal eine Mehrheit findet.

Es geht dabei nicht nur um Karlsfeld. Das Votum ist auch ein wichtiges politisches Signal nach Dachau, wo genau der gleiche Konflikt schwelt. Trägt Kolbes Kompromiss, wird dies auch in der Großen Kreisstadt Vertrauen schaffen, dass eine Lösung möglich ist, in der sich beide Seiten als Gewinner fühlen dürfen. Ein Scheitern würde nur denen Oberwasser geben, die Kommunalpolitiker sowieso nur für gewissenlose Gesellen halten, denen das Allgemeinwohl egal ist.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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