Kommentar:Hilfe ist nicht verhandelbar

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Die Hilfe für Flüchtlinge ist nicht verhandelbar. Der Oberbürgermeister sollte zu den Beschlüssen des Stadtrats stehen, auch wenn er sie selbst nicht mitgetragen hat

Von Helmut Zeller

An Mitterndorf könnte der parteiübergreifende Konsens der städtischen Flüchtlingspolitik zerbrechen. Der aktuelle Konflikt darf aber nicht auf dem Rücken der Asylbewerber ausgetragen werden, deren Schutz vor Verfolgung und Not, deren Recht auf eine menschenwürdige Unterkunft - sofern man Container als eine solche bezeichnen will - schwerer wiegen als die Interessen von Anliegern, so sehr sie auch (unbegründete) Ängste haben mögen. Das sieht im Grunde auch Oberbürgermeister Hartmann so, der sich häufig genug kritisch zur bayerischen Flüchtlingspolitik stellt. Sein Brief an die Mitterndorfer sollte wohl befriedend wirken, könnte jedoch, und da war Hartmann schlecht beraten, den gegenteiligen Eindruck erwecken. Als wäre der Oberbürgermeister geneigt, dem Protest nachzugeben - das wäre dann wirklich niederschmetternd. Die Anlieger, 195 Unterschriften sollen sie gesammelt haben, sind - natürlich - nicht gegen Asylbewerber, nur eben gegen diesen bestimmten Standort und fordern mehr Transparenz. Die einzig richtige Antwort wäre gewesen: Der Hauptausschuss des Stadtrats hat mehrheitlich für das Schulgelände als Flüchtlingsunterkunft gestimmt. Punkt.

Das hat ein Oberbürgermeister zu vertreten, auch wenn er gegen diesen Beschluss gestimmt hat. Hartmanns ausgeprägte Bereitschaft zum Dialog mit dem Bürger hat ihm zu Recht viel Sympathie eingebracht. Aber die Pflicht zur Hilfe, die Europa gegenüber den Flüchtlingen hat, ist kein Thema, das verhandelbar wäre. Doch der OB erklärt, versichert und schiebt zwischen den Zeilen dem politischen Gegner den Schwarzen Peter zu. Der Ärger der CSU ist insofern nachzuvollziehen. Tatsache ist, dass die Stadt Dachau, die größte nach Freising in der Region München, außer dem MD-Parkplatz (der auch an ein Wohngebiet angrenzt) und dem Gelände in Mitterndorf keinen Standort für weitere Flüchtlingsunterkünfte hat. Kindergarten und sozialer Wohnungsbau müssen noch warten; in dem werden, nebenbei gesagt, auch Obdachlose untergebracht. Aber - natürlich - hat niemand etwas gegen Obdachlose, nur die Standortfrage wird dann vermutlich wieder gestellt werden.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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