Kommentar:Gesucht: soziale Grundbesitzer

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Es ist höchste Zeit, dass Kommunen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Doch das können sie nicht alleine

Von Wolfgang Eitler

Zugegeben, sperriger geht es nicht. Das Wortungetüm "sozialgerechte Bodennutzung" schreckt ab. Es hört sich an, als hätten Jungsozialisten, die Nachwuchsorganisation der SPD, sich an die frühen 70er-Jahre erinnert und forderten die Enteignung von Grund und Boden. Tatsächlich stammt der Begriff aus dem Baugesetzbuch. Er umreißt die kommunale Aufgabe, für Wohnraum zu sorgen, der von Menschen mit normalen Einkommen bezahlbar ist. Das Modell versetzt Kommunen in die Lage, Grundstücke zu erwerben. Der neue Wohnungspakt des Freistaats ermöglicht die Chance auch zu bauen. Jetzt müssen die 17 Kommunen des Landkreises nur noch zugreifen.

Und nun von der Theorie zur Praxis: Zwar wächst die Zahl der Kommunen, die sich an dem Maßstab orientieren, wonach Baupolitik Sozialpolitik ist auch im Landkreis Dachau. Aber Röhrmoos hat beispielsweise einem Eigentümer das Baurecht für ein fünf Hektar großes Areal mitten im Ort ohne jegliche eingreifende soziale Beschränkung überlassen. Erst in einem zweiten Bauabschnitt könnte ein Einheimischenmodell im kleinen Maßstab wirksam werden.

Aber die größte Hürde sind die Grundstücksbesitzer. Kaum einer ist bereit, angesichts der Null-Zins-Politik in Europa Grund zu verkaufen. Wenn sich ein Bauer interessiert, will er als Ausgleich kein Geld, sondern Äcker für seine Landwirtschaft. Dabei reichen die Ansprüche mittlerweile ins Absurde. Wie Bürgermeister Josef Baumgartner (Freie Wähler) berichtet, wollte ein Landwirt nur Baugrund hergeben, wenn das Tauschverhältnis bei 1:20 gelegen wäre. "Wahnsinn", sagt Baumgartner.

Damit also die Kommunen wirklich sozial handeln könnten, bräuchten sie Grundstücksbesitzer, die sozial denken und den Mehrwert teilen, der dadurch entsteht, dass ein Gemeinderat aus einem Acker erst rechtlich verbrieftes Bauland macht. Zynisch hat es ein Kommunalpolitiker aus Starnberg so formuliert. "Bezahlbar ist jeder Wohnraum. Fragt sich nur: Von wem?"

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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