Kommentar:Gemeinsinn ist gefordert

Lesezeit: 1 min

Das Frauenhaus Dachau kann Familien vor Gewalt oft nicht mehr schützen, weil die von ihm angebotenen Wohnungen ausgebucht sind und weil keine bezahlbaren mehr zu mieten sind. Gefordert ist nicht nur die Politik, sondern alle

Von Wolfgang Eitler

Unter Politikern ist folgende Debatte sehr beliebt. Sie wird mit großem Eifer auf allen Ebenen geführt. Da regt sich der Landkreis darüber auf, dass die Jugendhilfe enorm viel Geld kostet und der dafür zuständige Bund zu wenig Geld gewährt. Das Kultusministerium finanziert beim Ausbau einer vierzügigen Grundschule in Petershausen nur 14 Klassenzimmer. Vier mal vier ist bekanntlich 16. Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath und sein SPD-Kollege haben kürzlich über die Finanzierung der Frauenhäuser im Etat des Freistaats für 2017 und 2018 gestritten. Güll fordert mehr Geld. Seidenath konterte mit dem Hinweis, dass die SPD im Landtag den Etat 2017 pauschal abgelehnt habe, damit auch die bestehenden Zuschüsse für die bayerischen Frauenhäuser.

Vor einiger Zeit hat eine Bürgerin in Dachau öffentlich die Frage gestellt, warum sie solche Diskussionen interessieren soll. Sie will wissen, was herauskommt. Alles andere gleicht einem absurden Theater. Wie recht sie hat mit ihrem Hinweis, dass aus Sicht von Bürgern solche Debatten hinfällig bis sinnlos sind.

Das Frauenhaus Dachau kann seine Aufgabe, den Schutz von Familien vor gewalttätigen Ehemännern und Vätern nicht mehr erfüllen, weil die von ihm angebotenen Wohnungen ausgebucht sind und weil keine bezahlbaren mehr zu mieten sind. Dabei muss man wissen, dass die zuständigen Behörden angehalten sind, bei der Miete für eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Ballungsraum München 332 Euro zu veranschlagen. Der Betrag reicht kaum für die Nebenkosten aus. Gewalt in Familien ist übrigens kein Phänomen von so genannten Unterschichten. Im Gegenteil. Oft rasten die aus, die den Schein des Wohlstands und des Anstands zu wahren wissen. Und sei es auf Kosten von Frau und Kindern. Wer hilft? Wer kann schnell helfen? Nicht nur die Politik ist gefordert, sondern der Gemeinsinn im ganzen Landkreis.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: