Kommentar:Geduld ist endlich

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Nach der Übernahme von Buslinien durch einen Busunternehmer aus München reißen die Beschwerden über die schlechte Beförderung der Schulkinder nicht ab. Landratsamt und Politik warten auf eine Besserung - wie lange noch?

Von Robert Stocker

Jahre lang lief der Busbetrieb auf den vier MVV-Linien 708, 723, 725 und 727 ohne Probleme. Mehr noch: Viele Fahrgäste waren von den Leistungen der im Landkreis heimischen Betreiber begeistert. Ein Chauffeur der Linie 708 wurde bei einer SZ-Fahrgastumfrage im vergangenen Jahr zum "Busfahrer des Jahres" im Landkreis gekürt. Umgänglich, zuvorkommend und hilfsbereit - so rühmten seine Fans den Fahrer. Dass der Mann jetzt nicht mehr auf dieser Linie fährt, werden sie als Verlust empfinden.

Vor einer Woche wurden die Buslinien von einem Münchner Großunternehmen übernommen, das mit großen Anlaufschwierigkeiten gestartet ist. Es gewann im Herbst 2014 ein europaweites Ausschreibungsverfahren, das nach EU-Richtlinien verpflichtend ist. Kritiker dieser Vergabe wie der SPD-Landtagsabgeordnete und Kreisrat Martin Güll werden sich jetzt bestätigt fühlen. Er hatte damals davor gewarnt, die einheimischen Unternehmen auszubooten, nur weil sie beim Preis nicht mithalten können. Ortskundige, kompetente Fahrer und moderne, zuverlässige Fahrzeuge seien Qualitätskriterien, die mindestens ebenso wichtig sind. Jetzt drängt sich nicht nur Fahrgästen die Frage auf, ob solche Qualitätsstandards bei der Vergabe ausreichend berücksichtigt wurden. Wieder wird nun darüber spekuliert, ob es möglich gewesen wäre, die Linien regional auszuschreiben und kleine oder mittlere Betriebe zu bevorzugen. Güll jedenfalls sah damals diese Option. Der CSU im Kreistag war das Dilemma durchaus bewusst, dass einheimische Unternehmen wegen ihres Standorts Vorteile haben, aber offenbar nicht bevorzugt werden dürfen. Nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Offenbeck war das Angebot des Münchner Großunternehmens aber ein Rundum-Paket, bei dem sowohl Preis als auch Leistung stimmten.

Letzteres hat sich bisher nicht bestätigt. Dass es bei der Übernahme von Buslinien Startschwierigkeiten geben kann, muss man einem Unternehmen zugestehen. Doch in diesem Fall droht die Toleranzgrenze überschritten zu werden. Mit dem Ruf nach der Kündigung der Verträge wollen die Freien Wähler schon die Reißleine ziehen. Die Verwaltung übt sich noch in Geduld. Die Frage ist, wie lange noch?

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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