Kommentar:Ganz am Anfang

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Franziskuswerk und Schulzweckverband Odelzhausen finden nicht zueinander. Was fehlt ist eine landkreisweite Debatte über die Inklusion

Von Wolfgang Eitler

Vorsicht vor schnellen Schuldzuweisungen. Klar, die Bürgermeister des Schulzweckverbands Odelzhausen eignen sich hervorragend für die Rolle der Schuldigen, die ach so unsensibel und schulpolitisch rückständig sind. Keine Ahnung von Inklusion, also von den Ideen eines partnerschaftlichen, gemeinsamen Lernens von behinderten und nicht behinderten Kindern. Und stets nur den Blick auf kommunalrechtliche Zuständigkeiten gerichtet. Deshalb ist kein Platz für die zwölf geistig behinderten Kinder und Jugendlichen in dem geplanten Neubau einer Grund- und Mittelschule in Odelzhausen.

Aber Vorsicht. Der ganze Landkreis steht noch ganz am Anfang beim Leitbild der Inklusion. Er hat sich in all den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für seine Leistungen in der Schulpolitik gebrüstet - für neue Gymnasien, Realschulen und auch für ein Förderzentrum. Aber niemand in der Kreispolitik hat jemals die Johannes-Neuhäusler-Schule im Auge gehabt, nicht einmal im Augenwinkel. Das bayerische Kultusministerium vergibt die Verantwortung für solche Schulen an private Träger wie die Lebenshilfe oder das Franziskuswerk. So war und ist sie halt - die Schulpolitik der Ausgliederung.

Die Politik der Eingliederung dagegen ist neu und bei der Staatsregierung nicht sehr beliebt. Die beschränkt sich darauf, von Inklusion zu reden, Preise zu verleihen, aber nichts wirklich zu verändern. Die Bundesrepublik hat die UN-Behindertenkonvention zwar unterzeichnet, aber eine konsequente Vorgabe, wie sie umzusetzen ist, fehlt komplett.

Der Landkreis Dachau aber ist gefordert, denn in seiner Mitte steht eine Einrichtung, die zu den größten ihrer Art in Bayern zählt. Außerdem wagen Franziskuswerk und der Orden der Franziskanerinnen den ganz großen Schritt, den Durchbruch zur Inklusion und zum kompletten Umbau des Dorfs Schönbrunn. Er darf nicht scheitern, weil es auch um ein Unternehmen mit fast 1600 Arbeitsplätzen geht und weil es ein Pilotprojekt für ganz Bayern ist. Deswegen ist das Modelldorf Schönbrunn das große, maßgebliche interkommunale Projekt des Landkreises Dachau. Und deswegen darf im Landkreis keine Schule mehr gebaut werden, die nicht dieser Idee verpflichtet ist. Deshalb ist eine Debatte im Kreistag über die Möglichkeiten und optimalen Chancen der Inklusion an Schulen überfällig.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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