Kommentar:Für den sozialen Fortschritt

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Kostenfreie Kitas würden den Existenzdruck auf Familien mindern, die schon genug unter den wachsenden Miet- und Immobilienpreisen leiden. Es gibt kein Argument dagegen: Wer es nicht nötig hat, der kann Kindereinrichtungen ja eine Spende geben

Von Wolfgang Eitler

Wie sich die Zeiten ändern. Vor gefühlten 100 Jahren, also Ende der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, wandte sich die CSU-Fraktion aus lauter Männern gegen längere Öffnungszeiten bei Kindergärten. Solche Zugeständnisse, hieß es damals im Stadtrat, seien Gift für die traditionelle Familie. Mit anderen Worten, die Mütter könnten auf die Idee kommen, sich selbst verwirklichen zu wollen. Die SPD war damals für ein besseres Angebot, aber allzu entschieden wirkte sie nicht. Nur zur Erinnerung: Damals durften Kinder nicht vor 7.30 Uhr in den Kindergarten gebracht werden und wehe, wenn sie nicht pünktlich gegen 11.30 Uhr abgeholt wurden. Da könnte man im Nachhinein noch neidisch werden, wenn nicht die Einsicht vorhanden wäre, wie dringend erforderlich optimal organisierte Kindertagesstätten sind.

Allerdings brauchen sie ein gutes Angebot nicht, um - wie ihnen weiland unterstellt wurde - den eigenen Vorlieben und Hobbys nachzugehen, sondern um die Familie wegen der enormen Unterhaltskosten gerade in einem Landkreis wie Dachau zu finanzieren. Deswegen vermindern kostenfreie Tagesstätten mit Sicherheit den Kosten- und Existenzdruck, der auf vielen Familien lastet. Und sei es, um sich den Alltag mit Kleinigkeiten zu verschönern.

Der Hinweis auf die Wohlhabenden im Landkreis, die auf soziale Hilfe nicht angewiesen sind, stimmt zwar, nützt aber denjenigen, die sie brauchen, nichts. Wer's nicht nötig hat, kann ja dem jeweiligen Träger oder Fördervereinen Spenden zukommen lassen. Auf diesem Prinzip der Freiwilligkeit basieren übrigens sehr viele soziale Einrichtungen. Gemeinnützige und privat getragenen Schulen oder Kindergärten sind beispielsweise auf die ehrliche Selbstauskunft der Eltern angewiesen, wenn sie die Gebühren pro Kind berechnen.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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