Kommentar:Experimentelles Labor

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Die neue KVD-Ausstellung verstärkt die Impulse aus einer ganzen Reihe früherer künstlerischer Events in der Stadt Dachau und lenkt die kommunalpolitische Diskussion in eine Richtung: Das Areal der der MD-Industriebrache muss eine Heimstatt der modernen Kunst werden.

Von Wolfgang Eitler

Die großformatigen Gemälde halten zwar den Renaissancesaal des Dachauer Schlosses mit der wuchtigen Decke aus, was für die Qualität der aktuellen Ausstellung der Künstlervereinigung Dachau (KVD) spricht. Aber der Umkehrschluss, dass die zeitgenössische Kunst oben über der Altstadt ihren idealen Raum gefunden hätte, funktioniert nicht. Nur einmal gelang eine inhaltlich schlüssige Verbindung, als die KVD die Möglichkeiten politischer Kunst auslotete. Da wirkte der absolutistische Herrschaftsraum als idealer Kontrast.

Außerdem ändert sich gerade die kulturelle Atmosphäre in der Stadt: Die Inszenierungen auf dem MD-Gelände von Karen Breece und der Ludwig-Thoma-Gemeinde mit der im Konzentrationslager geschrieben Komödie "Burg Schreckenstein" über die synästhetischen Versuche aus Theater, Oper und Musical von Jürgen Rothaug bis zum White-Paper-Festival vier junger Frauen aus Dachau haben Chancen auch auf neue künstlerische Formate eröffnet, die mehr Publikum anziehen, vor allem ein neues aus der ganzen Region. White-Paper war der Beleg dafür, dass es dringend kulturelle Angebote für Familien braucht. Die Theaterinszenierungen lebten von der Umgebung der Industriehallen, die eine Art Hauptrolle übernahmen. Die Ausstellung der KVD vor drei Jahren im MD-Verwaltungsgebäude verdeutlichte, wie faszinierend deren Ausstellungen werden, wenn sie neue Räume erobert.

Allerdings läuft Dachau Gefahr, dass diese Impulse verebben. Denn bisher fand sich keine Gruppe Dachauer Bürger, die diese Erfahrungen und Energien gebündelt und in ein neues Projekt transformiert hätte. Die KVD könnte hier vorpreschen, wenn die Mitglieder den Vorstand unterstützen, der schon seit längerem über neue Ausstellungskonzepte nachdenkt.

Dabei sollte die Vereinigung nicht abschrecken, dass die Hallen auf dem MD-Gelände - ideal ist die auf dem Holzlagerplatz - nur Provisorien sind. Umgekehrt sollte die Stadt Dachau sehr daran interessiert sein, die vorläufige kulturelle Übernahme des MD-Areals zu unterstützen. Aus den Erfahrungen entstehen mit Sicherheit neue Ideen und neue Konzepte für die Dachauer Kultur. MD eignet sich als experimentelles Labor für die Kultur.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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