Kommentar:Ein großer Fehler und seine Folgen

Lesezeit: 1 min

Die Privatisierung des Kreiskrankenhauses war nachvollziehbar. Aber die Sperrminorität an der Aktiengesellschaft hätte der Landkreis niemals aufgeben dürfen

Von Wolfgang Eitler

Landrat Stefan Löwl (CSU) will nicht in die Vergangenheit zurückblicken, weil er bei den maßgeblichen Entscheidungen zur Klinikpolitik des Landkreises noch nicht im Amt war. Würde er ein Resümee wagen, müsste er peinlicherweise Vorgänger Hansjörg Christmann (CSU) und die damals verantwortlichen Kreisräte kritisieren. Denn sie haben den entscheidenden Fehler in der Gesundheitspolitik begangen. Er besteht nicht in der Privatisierung der beiden Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf. Sie war sogar verständlich, nachdem der damalige Direktor die kommunalen Eigenbetriebe Anfang der Neunzigerjahre finanziell ruiniert hatte. Aber der Landkreis hätte die Sperrminorität von 25,1 Prozent an der Aktiengesellschaft niemals aufgeben dürfen. Dadurch hat Landrat Löwl jegliche Chance verloren, auf Helios in Berlin für eine bessere Pflege und für mehr Personal tatsächlich einwirken zu können.

Im Jahr 2010 bot die Rhönklinikum AG als Mehrheitseigner dem Landkreis an, seinen Anteil auf 5,1 Prozent zu verringern. Christmann und Burgmair lobten damals den Vertragsentwurf als wasserdicht. Denn der Landkreis bekomme eine hohen Millionenbetrag aus dem Verkauf, ohne auf Rechte und Einfluss zu verzichten. Was für eine Illusion!

Zurück zur Gegenwart. Helios hat den Vertrag von Röhn übernommen, interessiert sich aber nicht dafür. Landrat Löwl blieb auf der Podiumsdiskussion mit Pflegekräften am Dienstag nichts anderes übrig, als das Eingeständnis in seine Ohnmacht. "Sie", sagte Löwl, "müssen mir sagen, wo hängt's denn." Über was redet der Helios-Aufsichtsrat eigentlich?

Löwl, der Kreistag und die Helios-Belegschaft können nur noch den öffentlichen Druck erhöhen, auch auf die Gefahr hin, dass das Renommee der Dachauer Klinik sinkt. Ihre große Trumpfkarte ist der Engpass an Pflegekräften im Ballungsraum München. Wenn Helios so weiter macht, wird sie kein neues Personal anwerben können, sondern muss mit einer Kündigungswelle rechnen, wie sie am Rande der Podiumsdiskussion im Dachauer Café Gramsci schon Thema unter den Zuhörern war.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: