Kommentar:Eigentum verpflichtet

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Die Politik kann keine neuen Flächen herbeizaubern, also müssen die, die Raum haben, etwas davon abgeben

Von Thomas Radlmaier

Die Folgen des Siedlungsdrucks sind in der Region um München offensichtlich. Wer hier lebt, spürt sie jeden Tag. Etwa wenn die S-Bahn wieder einmal überfüllt ist. Oder wenn in Dachau morgens und abends auf den Straßen nichts mehr vorangeht. Aber auch, wenn befreundete Pärchen wegziehen müssen, weil sie ein Kind erwarten und sich hier keine geeignete Wohnung leisten können. Ilse Aigner hat recht, wenn sie sagt, Wohnen und Verkehr seien die zentralen Themen, welche die Menschen bewegen. Die Politik muss endlich einen Weg finden, um die Probleme in der Region anzugehen. Doch sie ist dabei auch auf die Unterstützung derjenigen angewiesen, die hier schon einen Platz gefunden haben. Ohne die Solidarität der Einheimischen mit den Zuzüglern wird man die Wohnungsnot im Ballungsraum München nicht lindern können.

Der Freistaat ist laut Aigner in der komfortablen Situation, viel Geld für die Förderung von Wohnungsbau ausgeben zu können. Allein es fehlt an den Flächen. Kommunen sehen sich oft vor dem Problem, dass sie Wohnbauvorhaben nicht verwirklichen können, weil Eigentümer nicht einmal einen kleinen Streifen ihres ungenutzten Grundstücks verkaufen wollen. Viele, die es geschafft haben, in der Region Fuß zu fassen, wollen kein Stück vom Kuchen abgeben. Daran zeigt sich, was der Dachauer CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky aufgefallen ist. Beim Abend mit Aigner in Rumeltshausen sagte sie: "Im Ballungsraum München sehe ich die große Gefahr, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt nicht mehr vorhanden ist." Sie ist skeptisch, ob man das Problem der Wohnungsnot über die Solidarität schaffe. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie sich irrt.

Es sind alle gefragt. Wohnraum ist im Landkreis so knapp wie Wasser in der Wüste. Umso verantwortungsloser ist es, wenn Eigentümer ihre Wohnungen leer stehen lassen. Im Landkreis Dachau gibt es ungefähr 1800 ungenutzte Wohnungen. Nun haben sich die Caritas, die Helios-Kliniken und die Sozialservice-Gesellschaft des Bayerischen Roten Kreuzes zu einer Genossenschaft zusammengetan. Die Vertreter der Initiative wollen versuchen, an diese Wohnungen ranzukommen. Die Genossenschaft will sie an Menschen vermieten, die im sozialen Bereich arbeiten. Es ist ein vorbildlicher Versuch aus der Zivilgesellschaft. Es ist wichtig, dass sich Wohnungseigentümer ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden. Auch die Solidarität der Vermieter im Landkreis ist nun gefragt.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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