Kommentar:Die Rolle des Vorreiters verspielt

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Dachau muss nicht auf die Gesetzgebung des Bundes warten, um gegen die Silversterknallerei vorzugehen. Das trauen sich die Verantwortlichen anscheinend aber nicht

Von Helmut Zeller

Aus Schaden wird man - manchmal - klug: Straubing ist die einzige Stadt in Bayern, die das Silvesterfeuerwerk in ihrer historischen Altstadt komplett verboten hat. Allerdings erst nach dem Brand des Rathauses im Jahr 2016. Möge Dachau mit dem Wittelsbacher Schloss dieser Lernprozess erspart bleiben! Zwar hat die Stadt Pyrotechnik auf dem Schlossplatz untersagt, aber ob das ausreicht, ist mehr als fraglich; abgesehen davon gibt es weitere gute Gründe, Böller und Raketen zu verbieten. Die Initiative des parteifreien Stadtrats Wolfgang Moll für ein Verbot (zunächst für das Volksfestfeuerwerk) scheiterte an der Mehrheit des Stadtrats. Warum, das ist nicht recht klar geworden. Grundsätzlich hat Oberbürgermeister Florian Hartmann mit seinem Einwand Recht, dass eine bundesweite Regelung her müsse. Nur weiß doch gerade die Kommunalpolitik aus Erfahrung, dass sie auf Berlin oft vergeblich wartet, also besser selbst tätig wird. Vielleicht empfindet man ein Verbot aber auch als unpopulär und will den Bürger - und Wähler - nicht verärgern.

Jedenfalls nutzt der alljährliche Wahnsinn keinem: Vor allem kranke und alte Menschen und Kinder leiden unter der Feinstaubbelastung. Der Rauch der Silvesterböller und Raketen trägt Milliarden feinster Partikel in die Atmosphäre, wenn es, wie in diesem Jahr, trocken, kalt und vor allem windstill ist. Und dann ist da noch die Gefahr von Verletzungen - "Böller und Raketen sind kein Spielzeug", warnt Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber. Nicht umsonst geben die Feuerwehren jedes Jahr detaillierte Beschreibungen für den richtigen Umgang mit Feuerwerkskörpern heraus. Er wäre besser ganz untersagt. Jedes Jahr werden in Deutschland Menschen getötet oder schwer verletzt. Für die Tiere ist die Silvesternacht die schlimmste Zeit des Jahres; zumal viele sich mit der Knallerei nicht, wie vorgeschrieben, auf den 31. Dezember und 1. Januar beschränken wollen. Straubing setzt auf eine spektakuläre Licht- und Lasershow - Beschwerden aus der Bürgerschaft sind nicht bekannt geworden. Erstmals verbietet die Stadt Hannover das Feuerwerk. Andere werden folgen. Leider hat Dachau sich vor dieser Entscheidung gedrückt und die Rolle eines Vorreiters verspielt.

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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