Kommentar:Der Traum vom Kunst-Raum

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Der KVD nutzt nicht irgendeine Galerie. Sie braucht Räume, die für moderne Kunstformen geeignet sind

Von Wolfgang Eitler

Die aktuellen Fotos von der ehemaligen DDR-Fahrbereitschaft in Berlin, wo diese Woche ein großes Kunstareal eröffnet wurde, ähneln denen der MD-Industriebrache. Sie laden zum Träumen ein: Denn das Verwaltungsgebäude einschließlich des kleinen grünen Areals mit Atrium drängt sich für die bildende Kunst auf; für Ausstellungen und Ateliers gleichermaßen. Wenn die Kommunalpolitik dieses Gebäude erwerben könnte, wäre eine Debatte darüber hinfällig, ob die Künstlervereinigung Dachau (KVD) sich in der Kulturschranne ausbreiten könnte oder müsste. Das stärkste Argument hat die Vereinigung mit ihrer Ausstellung zum Thema "1984" geliefert, die am Freitag zu Ende ging.

Am Höhepunkt des Traums streitet der Stadtrat noch Jahre über die beste Option für die MD-Brache, während die Kunst das Areal bevölkert, nicht zuletzt diese wunderbar nüchterne Industriehalle, die wie ein solitärer Tempel auf dem freien Gelände des ehemaligen Holzlagerplatzes platziert ist. Dort entstünde ein Skulpturenpark. Ein temporärer zwar, aber immerhin.

Zurück zur Realität. Die interne Stadtratsdebatte, welche die CSU zu entzünden gedenkt, ist sinnlos. Welcher vom Volk gewählte Oberbürgermeister verhandelt nicht auf eigene Initiative? Wesentlich wichtiger ist die Frage nach der Zukunft der KVD. Sie befindet sich wegen der zahlreichen, teils schon renommierten jungen Talente in der komfortablen Situation des Um- und Aufbruchs. Die 1984-Ausstellung und die des SZ-Tassilo-Preisträgers Nico Kiese gerade in der Volksbank sind dafür eindrucksvolle Belege. Damit diese Entwicklung sich festigen lässt, braucht die KVD angemessene Ausstellungsmöglichkeiten. Das Schloss mit dem Renaissancesaal bietet sie nicht. Er wird vom kunstsinnigen Publikum nicht akzeptiert und als beengend für zeitgemäße Bildsprachen empfunden. "Zu wenig freiheitliche Atmosphäre", heißt es beispielsweise.

Die bestehende KVD-Galerie mutet wie ein Appendix an die Gastronomie in der Kulturschranne an. Meistens sagen Besucher, dass dem Künstler eine gute Ausstellung gelungen ist, trotz des untragbaren Raums. So musste sich der ehemalige Kunstprofessor und Dachauer Bürger Jürgen Meyer von Fachkollegen vorwerfen lassen, dass er in einer solchen Galerie überhaupt ausstellt.

Wie also kommt die KVD, wie kommt die bildende Kunst zu einem adäquaten Ausstellungsbereich, der die zeitgenössischen Formen des Videos, der Installation, der Performance ermöglicht? Es ist weder entschieden noch überprüft, ob das Erdgeschoss der Kulturschranne tatsächlich in diesem Sinne umgebaut werden kann. Es wäre wunderbar, wenn sich die Schranne dafür eignen würde. Ein Traum. Bloß eine räumliche Verlängerung der Galerie nutzt nichts.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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