Kommentar:Das Amt unterschätzt

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Bürgermeister wird man nicht nebenbei. Michael Wockenfuß ist mit großen Worten angetreten - und zog sich wieder zurück. Er hätte sich vor seiner Kandidatur überlegen sollen, was es heißt, einen Wahlkampf zu führen

Von Robert Stocker

Politik ist ein Tagesgeschäft, das sich manchmal schnell ändern kann. Das hat Michael Wockenfuß wohl wörtlich genommen. Etwas mehr als 150 Tage war er als Vorsitzender der Freien Wähler Röhrmoos im Amt. Seine Bürgermeisterkandidatur dauerte ebenfalls nur fünf Monate. Wockenfuß hat inzwischen seinen doppelten Rücktritt erklärt. Kaum begonnen, schon zerronnen.

Dabei hatte alles vielversprechend angefangen. In der Mitgliederversammlung im Februar präsentierte sich der Kandidat und neue Ortsvorsitzende noch selbstbewusst. Die Freien Wähler wollten den amtierenden CSU-Bürgermeister aus dem Sattel holen und die stärkste Fraktion im Gemeinderat stellen, so die Kampfansage von Wockenfuß. Fünf Monate später war das Geschichte. Er könne die Kandidatur nicht mit seinem Job in Einklang bringen, begründete Wockenfuß seinen Rücktritt. Als Bürgermeisterkandidat müsse man eine hohe Schlagzahl haben, doch dafür sei er beruflich zu stark ausgelastet. Er habe deswegen die Kandidatur anders bewerten müssen.

Dass er in seinem Job als Projektmanager gefordert wird, dürfte Wockenfuß schon klar gewesen sein, als er sich als Bürgermeisterkandidat präsentierte. Dass er sich von der Gemeinderatsfraktion entfremdet hat, mag seinen Rücktritt befördert haben. Was der Quereinsteiger in die Politik aber offenbar völlig falsch eingeschätzt hat: Bürgermeister wird man nicht so nebenbei. Der Wahlkampf ist stressig und kostet viel Zeit. Das Gleiche gilt für den Job eines Bürgermeisters. Der Posten ist kein Ehrenamt, für das man sich gelegentlich mit Freunden trifft, um eine Versammlung vorzubereiten. Nichts gegen das Ehrenamt, dieses Engagement ist absolut wichtig, damit das Gemeinwesen funktioniert. Wer aber das politische Ehrenamt eines Bürgermeisters ausüben will, muss sich im Klaren darüber sein, dass sein Arbeitstag nicht um 16 Uhr endet. Abend- und Wochenendtermine gehören zu seinem Geschäft. Ein Bürgermeister ist auch zuständig, wenn er zu Hause ist. Das hat Michael Wockenfuß vielleicht übersehen.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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