Kommentar:Betonmischer rocken die Altstadt

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Plötzlich wird ein Bauprojekt nach dem anderen spruchreif. Die Rechnung der Dachauer Kommunalpolitik einer Wiederbelebung der Innenstadt durch Wohnungsbau könnte aufgehen

Von Wolfgang Eitler

Angenommen, irgendjemand, auf jeden Fall keiner, der sich in der Dachauer Baupolitik auskennt, hätte vor zwei Wochen die Prophezeiung gewagt, dass es beim denkmalgeschützten Hörhammerbräu weitergeht, dass dort 40 Mietwohnungen entstehen sollen. So jemand wäre als Spinner abgeurteilt worden. Stadträte hätten müde von den langwierigen Debatten mit dem Kopf geschüttelt. Wer außerdem so waghalsig gewesen wäre und obendrein eine Pächterin für die Kulturschranne angekündigt hätte, die mit der dortigen Kulturbühne und der Galerie der Künstlervereinigung Dachau zusammenarbeiten will und nicht die ständige Konfrontation sucht, wäre als Witzbold durchgegangen. Und jetzt sollen in der ehemaligen Koschadeklinik tatsächlich Wohnungen entstehen? In dieser Spekulationsruine? Immerhin hat der Käufer den Millionenbetrag bei einem Notar treuhänderisch hinterlegt.

Sollte also tatsächlich die Zeit des Stillstands in der Altstadt, auch der des Verfalls vorüber sein? Über die Gründe kann man nur spekulieren. Vielleicht suchen Anleger Objekte, um in einer Phase der Negativzinsen ihr Kapital zu sichern oder haben Gefallen an der Altstadt gefunden. Sei's drum. Seit Ende dieser Woche könnte die Idee der Dachauer Kommunalpolitik aufgehen, über Wohnungsbau die Altstadt nach dem wirtschaftlichen Niedergang als Einkaufszentrum neu zu beleben. Allerdings ist die Gruppe von Menschen, die sich die Kauf- und Mietpreise leisten kann, eine eher kleine. Denn Bauen in der Altstadt ist teuer. Immerhin würde deren Gesicht angenehm geliftet.

Unvermittelt würden das städtische Bauamt und der Stadtrat mit der Sorge konfrontiert, wie sie diese zahlreichen Baustellen zeitlich koordinieren sollen. Immerhin ist auch der Umbau des historischen Rössler-Anwesens avisiert. Die Hängepartie um Bäcker Hartmann am Eingang zur Altstadt gegenüber dem Schermhof wird ebenfalls bald beendet sein. Dann müssen sich Behörden und Mandatsträger nicht mehr damit beschäftigen, wie sie Bauvorhaben beschneiden oder verhindern, sondern wie sie all diese Projekte ermöglichen. Betonmischer rocken die Altstadt. Ein Traum.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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