Kommentar:Angst vor einer Entscheidung

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Hilgertshausen und Tandern scheuen sich davor, einen Standort für eine Einheitsschule zu bestimmen. Gut möglich, dass sich daran bereits Streit entzündet

Von Benjamin Emonts

Wenn der Hilgertshausener Gemeinderat Martin Güll, Bildungsexperte der SPD-Landtagsfraktion, von einer "vertanen Chance" spricht, weil die Gemeinde Hilgertshausen-Tandern mittelfristig beide Schulstandorte beibehält, so liegt er damit richtig. Zwar hat die Gemeinde mit ihrem neuen Konzept nun den Kindergartenneubau in Hilgertshausen und die dringend erforderliche Zentralisierung der Kindernachmittagsbetreuung auf den Weg gebracht - beides sind beachtliche Fortschritte. Aber die Chance, ein wirklich zukunftsweisendes Schulkonzept an einem Standort mit modernen Lernlandschaften zu schaffen, hat sie trotz jahrelanger Gespräche in einer extra einberufenen Steuerungsgruppe verstreichen lassen.

Dabei ist offensichtlich, dass sich die politischen Entscheidungsträger vor unangenehmen, möglicherweise verletzenden Diskussionen drücken, welche der Festlegung auf einen einzigen Schulstandort vorangegangen wären. Die Ortschaften Hilgertshausen und Tandern wurden im Jahr 1978 im Zuge der bayerischen Gebietsreform zwangszusammengelegt. Beide Ortsteile verband jahrzehntelang eine tiefe Feindschaft, die so weit reichte, dass die Tanderner bis in die Neunzigerjahre jede politische Partizipation verweigerten und sich in einem Bürgerverein vereinten, der 1985 eine Popularklage bemühte, um sich vom fast schon verhassten Ehepartner zu scheiden - ohne Erfolg.

Die Wogen mögen sich inzwischen geglättet haben, auch der neue Bürgermeister Markus Hertlein, ein gebürtiger Schwabe, trägt dazu bei. Verschwunden sind die gegenseitigen Vorbehalte deshalb aber noch lange nicht. Die Gemeinderäte räumen ja selbst ein, dass es vermutlich nicht möglich wäre, sich auf einen Schulstandort zu einigen, weil keiner der beiden Ortsteile den Kürzeren ziehen will. In diesem Wissen und der Angst vor verletzenden Diskussionen schiebt man das Thema nun lieber vor sich her, anstatt sich der Entscheidung zu stellen. Dabei ist sie unausweichlich. Wenn der Gemeinderat bald entscheiden soll, unter welchem Schuldach die Kindernachmittagsbetreuung organisiert wird, muss er zukunftsorientiert den Standort wählen, an dem irgendwann die Einheitsschule stehen soll. Gut möglich, dass sich daran bereits Streit entzündet. Aber der gehört zu einer so schwierigen Ehe eben dazu.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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