Karikaturen zu Rechtsextremismus:"Satire ist mehr als nur Humor"

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Die Karikaturenausstellung "Oh, eine Dummel!" setzt sich pointiert mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander. Für KJR-Chef Ludwig Gasteiger ist sie vor allem ein Mittel politischer Aufklärung

Interview von Victor Ünzelmann

Die Wanderausstellung "Oh, eine Dummel!" über Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit kommt nach Dachau. In der Kleinen Altstadtgalerie findet am Samstag, 29. Juni, um 18 Uhr die Vernissage mit OB Florian Hartmann (SPD) und Landrat Stefan Löwl (CSU) statt. Ludwig Gasteiger, Geschäftsführer des Kreisjugendrings, hofft, dass auch viele junge Leute kommen, um sich die Ausstellung anzusehen.

SZ: Herr Gasteiger, was ist eine Dummel?

Ludwig Gasteiger: Die Dummel ist eine Kunstfigur; sie ist angelehnt an eine Hummel und hat vereinfachende Schemata, mit der sie die Welt betrachtet. Im Prinzip geht es um Rechtsextreme und wie sie die Welt sehen. Angelehnt an eine Karikatur hat man das dann so aufgezogen, dass man das "Oh, eine Dummel!" genannt hat.

Die "Dummel" stellt ein Stereotyp dar: Neonazi mit Glatze, Springerstiefeln und Bomberjacke, dumm und schlecht gebildet - ein randständiges Phänomen. Ist dieses Bild noch zeitgemäß, wenn wir über Rechtsextremismus reden?

Kostas Koufogiorgos zeichnet seit seinem 18. Lebensjahr hauptberuflich politische Karikaturen. (Foto: Kostas Koufogiorgos/oh)

Deutschlandweit ist es schon noch so. Bei den Vorfällen in Chemnitz konnte man das gut beobachten. Da sind Skinheads und Nazi-Hooligans unterwegs. Aber in unseren Breiten sind Rechtsextreme doch eher getarnt und versuchen, sich moderner zu geben. Es wurden auch neue Aspekte in die Ausstellung mitaufgenommen. Es tritt eine ganze Bandbreite auf vom besorgten Bürger, pegida-nahen Menschen bis zum offenen Rechtsextremen. Ich glaube, dass diese Bandbreite den Rechtsextremismus auch ausmacht. Manche treten sehr bürgerlich auf, manche treten sehr radikal auf. Das wird beides verhandelt.

Kürzlich machte das Thema Rechtsextremismus wieder Schlagzeilen durch den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Ist Humor noch der richtige Umgang mit dem Thema?

Karikatur und Satire ist oft mehr als nur Humor. Satire zeigt komprimiert einen komplexen Sachverhalt, und das macht die Sache spannend. Grundsätzlich ist das ein sehr ernstes Thema, auf das es vielseitige Reaktionsweisen geben muss. Von sachlichen Aufarbeitungen wie Podiumsdiskussionen, Fachvorträge und Dokumentationen, zum Beispiel wissenschaftliche Abhandlungen auf der einen Seite. Aber es stellt sich auch die Frage: Wie reagiert die Zivilgesellschaft? Was ist da das richtige Format? Bei Veranstaltungen der AfD oder den Identitären - tritt man denen stark und konsequent gegenüber? Verschafft man denen dann mehr Aufmerksamkeit als nötig? Oder braucht es da andere Strategien? Ich denke, da sind humorvolle Protestformen auch sehr hilfreich. Das ist auch eine Art, wie einzelne aktiv werden können, ob als Zeichner, als Musiker, als Schriftsteller oder als Filmemacher.

Gibt es ein spezifisches Zielpublikum, das mit der Ausstellung erreicht werden soll?

Ja, verschiedene. Es gibt Leute, die aktiv sind bei der Partnerschaft für Demokratie oder beim Runden Tisch gegen Rassismus und politische Mandatsträger, die das Thema interessiert. Ich glaube auch durchaus, dass die Ausstellung Leuten etwas mitgeben kann, die sich schon länger mit dem Thema auseinandersetzen. Wir wollen aber vor allem Jugendliche erreichen, die sich jetzt nicht direkt in einen Vortrag von einem Professor setzen würden, der über die Neue Rechte referiert.

Im Netz gibt es eine Liste unter dem Namen "Nürnberg 2.0", auf der Politiker, Künstler und Journalisten stehen, die "zur Rechenschaft gezogen werden sollen" in Anlehnung an die Nürnberger Prozesse.

Wie fühlen Sie sich damit? Wenn die Rechte stärker werden würde, wäre das eine ernste Angelegenheit. Daher ist es auch wichtig, dass sich Leute klar positionieren wie der Oberbürgermeister und der Landrat und andere, die klipp und klar sagen: Das ist etwas, von dem wir uns abgrenzen! Ganz besonders wichtig ist da Geschlossenheit. Gerade nach dem Fall Lübcke ist es nicht nachvollziehbar, wenn bürgerliche Parteien öffentlich über eine mögliche Koalition mit der AfD nachdenken. Die AfD hat ganz klar Beziehungen zu Rechtsextremen.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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