Jubiläum der Verkehrserzieher:50 Jahre Verkehrswacht

Lesezeit: 3 min

Anlässlich seines Jubiläums blickt der Verein auf seine erfolgreiche Arbeit zurück, aber auch darauf wie sich die Situation auf der Straße verändert hat. Adrian Wiedenmann warnt vor Handys am Steuer

Vor 50 Jahren gab es keine Kindersitze, Anschnallen war nicht Pflicht, und auf der Landstraße bretterte man ohne jede Geschwindigkeitsbegrenzung von A nach B. Auch die Promillegrenze lag damals noch bei zulässigen 1,3 Promille. Unter diesen doch eher lockeren Verkehrsbedingungen ereignete sich statistisch gesehen alle 27 Minuten ein Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang.

In Dachau gründete sich 1968 eine Gegenbewegung, die aufklären, aber auch sensibilisieren wollte: Die Kreisverkehrswacht Dachau. Heute feiert die Verkehrswacht 50. Gründungsjubiläum im Weblinger Restaurant Schwarzberghof. Doch die Zeiten der Aufklärung in Form der Verkehrserziehung sind noch nicht vorbei. "Wir fangen inzwischen schon im Kindergarten an", erzählt Hansjörg Christmann, Vorsitzender des ehrenamtlichen Vereins. Schon im Kindergartenalter führe man an das Fahrradfahren heran, bringe den Kindern spielerisch bei, wie abgebogen wird und wie sichtbar sie Leuchtkleidung in der Dunkelheit macht. Zum Schulanfang jeden Sommer bereite man dann in Zusammenarbeit mit der Dachauer Polizei die neuen Schüler auf den Alltag im Straßenverkehr vor, erklärt der Altlandrat Christmann. Aber auch Lehrgänge für Fahranfänger und Veranstaltungen für Senioren gehören zum festen Programm. Bis zu zweimal im Monat sind die Ehrenamtlichen der Verkehrswacht auf Workshops, Lehrgängen und in Bildungseinrichtungen unterwegs.

"Auto- und Radfahrer tun sich ja bekanntlich schwer miteinander auszukommen", sagt Christmann. Das zentrale Ziel der Aufklärung sei daher "gegenseitige Rücksicht und Verständnis". Schon frühzeitig wolle man dieses Verständnis für andere Verkehrsteilnehmer bei den ganz Kleinen ausbilden, die vielleicht nur im Auto ihrer Eltern zur Schule kommen. "Auch die Eltern müssen sich zusammenreißen, Vorbilder sein und ihre Kinder auf dem Schulweg trainieren, anstatt sich gegenseitig mit ihren SUVs vor der Schule zuzuparken", findet Adrian Wiedenmann, stellvertretender Vorsitzender der Verkehrswacht.

Für einen Projekttag zur Verkehrssicherheit in der Fachoberschule Karlsfeld organisierte die Kreisverkehrswacht auch einen Überschlagsimulator. (Foto: Toni Heigl)

Früh ansetzen muss die Verkehrswacht auch da, wo Alkohol am Steuer als Unfallursache Nummer Eins inzwischen abgelöst wurde: Spielereien am Handy oder der kurze Blick auf das riesenhafte Armaturendisplay im Auto. Multimedia allgemein lenkt im Straßenverkehr viel zu häufig ab, klagt Wiedenmann. Genaue Statistiken gibt es hierzu bisher keine. Die Polizei schätzt die Nutzung von Handy, Tablet und Co im Straßenverkehr inzwischen als gefährlichste Ablenkung ein.

Die Zahl der Alkoholfahrten sind indes zurückgegangen. Seit dem Rekordjahr 1980, in dem sich 190 Verkehrsunfälle durch Alkohol mit 164 Verletzten ereigneten, ist die Unfallzahl bis 2017 stetig auf 57 gesunken. "Beim Blick auf das Handy oder dem Einstellen der Musik verliert man nur ein paar Sekunden, aber diese sind entscheidend", weiß Wiedenmann. Auf Aktionstagen an weiterführenden Schulen und Berufsschulen weist er immer wieder auf die Gefahren, die damit verbunden sind, hin.

Hansjörg Christmann, Vorsitzender der Dachauer Verkehrswacht, sieht schon den Verkehr der Zukunft heranrollen. (Foto: Toni Heigl)

Dadurch, dass die Straßen inzwischen deutlich besser ausgebaut sind, die Automobiltechnik verbessert wurde und einfach viel mehr Autofahrer unterwegs sind, das Leben auch rascher geworden ist, hat sich die Zahl der Unfälle in den vergangenen 43 Jahren erhöht. Während es 1975 im Landkreis Dachau noch zu rund 1880 Unfällen im Jahr kam, waren es 2017 schon rund 4800. Die Zahl der Verkehrstoten dagegen ist in den vergangenen 43 Jahren ralativ konstant geblieben. Sie liegt bei 800 bis knapp 1000 tödlich Verunglückten. "Das ist Gesetzen wie der Gurt- und Helmpflicht sowie der passiven Sicherheit durch Airbags in den Autos und dem Rettungswesen geschuldet", erklärt Polizeihauptkommissar Richard Wacht. "Aber nicht zuletzt auch der bundesweiten Arbeit der engagierten Verkehrswacht zu verdanken."

Die Deutsche Verkehrswacht erinnert mit Plakaten und Autobahnschildern an die Sicherheit, die eigentlich selbstverständlich sein sollte: Anschnallen, Abstand halten, Handy weg. In Dachau besorgte die Verkehrswacht einen Gurtschlitten für die Polizei, um Kindern und Jugendlichen zu zeigen was passiert, wenn sie nicht angeschnallt sind. Das Gerät demonstriert die auf Insassen eines PKWs wirkenden Kräfte bei einem Verkehrsunfall. Alle Trainings der Verkehrswacht sind kostenfrei.

Auf der Jubiläumsfeier hält Wiedenmann Vortrag über die vergangenen 50 Jahre. Außerdem gibt er einen Ausblick darauf, was Smartphones, E-Bikes und weitaus mehr Autos auf den Straßen künftig noch verursachen werden. Die Verkehrswacht will zudem ihre verdienten Mitglieder ehren: darunter der langjährige Vorsitzende Karl Englmann sowie Karlheinz Reuß von der Polizei. Viele Beamte der Polizei stellen ihre Samstage der Verkehrserziehung zur Verfügung.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: