Im Flughafenumland:Alarmierende Werte bei Ostwind

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Das Ergebnis von Ultrafeinstaub-Messungen schockt Bürgerinitiative - der Ruf nach Grenzwerten wird lauter

Der Landtagsabgeordnete Benno Zierer (FW) hat schon im Februar ein Monitoring des Ultrafeinstaubes gefordert. Der Antrag des umweltpolitischen Sprechers der FW-Fraktion scheiterte an der CSU. Der Flughafen München ist der größte Emittent ultrafeiner Partikel und Schadstoffe in der Region. Am Flughafen werden täglich bis zu 600 000 Liter Kerosin verbrannt. Jeden Tag entstehen dadurch neun Tonnen Schadstoffe und Trillionen ultrafeiner Partikel. Diese sind extrem leicht und schweben sehr lange in der Luft in den angrenzenden Landkreisen. Nun liegen die erschreckenden Ergebnisse einer Untersuchung durch die Fahrenzhausener Bürgerinitiative gegen Fluglärm und dritte Startbahn vor. Fahrenzhausen an der Grenze zum Landkreis Freising liegt nur 17 Kilometer von Dachau entfernt.

Andreas Kern, Fahrenzhauser Gemeinderat und Mitglied der örtlichen BI, hilft als Programmierer mit, ein System zu entwickeln, in das gemessene Ultrafeinstaub-Werte einfließen können; erst nur rund um den Münchner Flughafen, später soll es bundesweit laufen. "Irgendwann haben wir dann gebeten, dass auch mal in Fahrenzhausen gemessen wird, es hat uns einfach interessiert", erzählt Kern. Er maß die Werte direkt an der stark befahrenen Bundesstraße 13, sie lagen bei etwa 15 000 Teilchen pro Kubikzentimeter Luft. Entfernte man sich ein Stück, stellte sich nach 30 Metern die Normalbelastung von 3000 bis 4000 Teilchen ein. Dann maß der Bürgerverein am Unterbrucker Sportgelände, das abseits befahrener Straße nahe der Amper liegt. Das Messergebnis schockierte alle: 17 500 Teilchen pro Kubikzentimeter Luft; warum, das wurde ihnen schnell klar: Es herrschte Ostwind, Fahrenzhausen und damit das Sportgelände im Ortsteil Unterbruck lag in der Abgasfahne des Flughafens, obwohl der immerhin rund 17 Kilometer Luftlinie entfernt ist. "Das hat leider unsere schlimmsten Befürchtungen übertroffen", sagt Robert Kern, der Bruder von Andreas. So beschloss die Bürgerinitiative einen Infoabend zu veranstalten, damit die Bevölkerung sich selbst ein Bild von der Lage machen konnte. Zwar hat der Bürgerverein landkreisweit im vergangenen Jahr für Aufregung gesorgt, als er die alarmierenden Werte in Orten rund um den Flughafen gemessen hatte und damit an die Öffentlichkeit gegangen war. "Doch wie wir haben viele in Fahrenzhausen geglaubt, wir sind ja weit genug weg", sagt Robert Kern. Die Resonanz auf die Einladung zum Infoabend war groß, über 130 Menschen drängten sich ins Pfarrheim. Und sie erfuhren: Fahrenzhausen ist nicht weit genug vom Flughafen entfernt, um nicht von dessen Abgasen tangiert zu werden.

Bekanntlich misst der Bürgerverein Freising seit knapp zwei Jahren Ultrafeinstäube mit immer empfindlicheren Geräten. Die dabei festgestellten Werte sind alarmierend. Trotz beunruhigender Studien, die gesundheitliche Schäden durch Ultrafeinstäube belegen, gibt es bis heute, im Gegenteil zu Feinstaub, keine gesetzlichen Grenzwerte, wie der Verein kritisiert. Ultrafeinstäube entstehen bei der Verbrennung von Kerosin. Wie die Messungen des Bürgervereins zeigen, ist die Konzentration der Teilchen im Flughafenumland immer dann besonders hoch, wenn der Wind vom Flughafen her weht. "Für mich ist das mit radioaktiver Strahlung zu vergleichen, man sieht es nicht, man schmeckt es nicht und doch weiß man, dass es schädlich ist" sagt Robert Kern und fügt hinzu, er wisse von einigen Leuten, die Sport im Freien nur noch machen, wenn der Wind nicht vom Flughafen her weht.

Genau das ist es, was der Bürgerverein rät: Kinder nur drinnen spielen lassen und anstrengende körperliche Aktivitäten im Freien bei Ostwind unterlassen. Dass der Flughafen abwiegele, verwundert bei der BI niemanden, dass aber die Politik auch auf Zeit setze, das erschreckt sie. "Es ist nicht nachzuvollziehen, dass unsere Gesundheit keine Rolle spielt", so der BI-Vorsitzende Max Wallner.av/hz

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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