Hip-Hop-Festival:"Musik ist immer ein Miteinander"

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Für die "Big Swag Night" im Ampere holt die Bigband Dachau Hip-Hop-Künstler aus Berlin und München auf die Bühne. Das dreistündige Konzert wird komplett live gespielt, ohne DJs

Interview von Gregor Schiegl, Dachau / München

Die Bigband Dachau, Tassilo-Kulturpreisträger von 2018, wagt sich diesmal an ein ganz besonders ambitioniertes Projekt: Bei der "Big Swag Night" bringt sie demnächst einige der derzeit angesagtesten Acts der bayerischen und der Berliner Hip-Hop-Szene zusammen - in einer Kombination, die so noch nie zu erleben war. Die Bands verbindet unter anderem, dass sie - im Hip-Hop unüblich - ohne DJ arbeiten, die Musik wird zu 100 Prozent live gespielt. Alle teilnehmenden Künstler zeichnen sich zudem dadurch aus, dass Improvisation und Freestyle im Live-Auftritt eine wichtige Rolle spielen. Das dreistündige Konzert findet am Donnerstag, 25. Oktober, um 20 Uhr im Ampere in München statt. Einlass ist um 19 Uhr. Der Vorverkauf läuft bereits, Karten für 19,90 Euro gibt es über München Ticket. Was es mit dem Projekt auf sich hat, erläutern die Schlagzeuger der Bigband Dachau von der Knabenkapelle, Thomas Salvermoser und Jan van Meerendonk.

SZ: Erst mal zur Erklärung für alle Nicht-Hip-Hopper: Wer oder was ist Swag?

Thomas Salvermoser: Einerseits ist es ein Gefühl von Lässigkeit, es hat aber auch eine musikalische Bedeutung: Mein Berliner Schlagzeuglehrer, der Jan (gemeint ist der Schlagzeuger Jan "Stix" Pfennig von der Band "The Swag"; Anm. d. Red.), hat irgendwann angefangen, eine Variante zu erfinden, wie man eiernde Hip-Hop-Grooves ausnotieren kann. Er hat auch zwei Bücher darüber geschrieben, die "Swag Drumming" heißen. Von diesem Feeling kommt auch der Name Swag.

"The SWAG" aus Berlin. (Foto: Facebook)

Jan van Meerendonk: Der Hip-Hop ist ja so entstanden, dass man alte Schallplatten genommen und daraus Bruchstücke zusammengeschnipselt hat, darüber haben die Leute dann gerappt. Oft ist das nicht ganz aufgegangen, aber in der Schleife der Wiederholungen war das Ergebnis dann eben doch wieder stimmig. Wenn man als Live-Hip-Hop-Musik macht, versucht man, diese Forms irgendwie nachzubilden, indem man eben nicht immer auf die Eins schlägt. "Swag Drumming" ist eine ganz gute Methode, wie man das analytisch herleiten kann und nicht bloß irgendwie nach Gefühl.

Den Schlagzeugern kommt für den Hip-Hop-Sound also eine zentrale Rolle zu?

Salvermoser: Auf alle Fälle!

van Meerendonk: (Lacht.) Ist ja klar, dass man so eine Antwort bekommt, wenn man das zwei Schlagzeuger fragt.

Man hat manchmal den Eindruck, dass die Münchner Musikszene sich gerne mit anderen vergleicht, auch und gerade mit dem, was in Berlin abgeht. Gibt es da eine Rivalität zwischen beiden Städten?

Der Freestyle-Rapper Roger Rekless aus München. (Foto: Philipp Wulk)

Salvermoser: Vorsicht! Für mich ist Musik immer ein Miteinander, das finde ich ganz wichtig. So ein Wetteifern, wer der Bessere ist, finde ich ekelhaft. Mir geht es darum, München und Berlin zusammenzubringen. Im Übrigen hatte ich in Berlin nie das Gefühl, dass jemand versucht, einen runterzumachen. Berlin ist im Hip-Hop auf alle Fälle ein härteres Pflaster: Da gibt es sehr, sehr viele gute Musiker.

Heißt das, Berlin ist mehr Hip-Hop-Stadt als München?

Salvermoser: Das auf alle Fälle. Wo in München gibt es schon so etwas wie den "Swag Jam", wo jede Woche, das ganze Jahr über komplett und ohne Ausnahme Hip-Hop gespielt wird, und das ist ja nicht die einzige Veranstaltung. Aber natürlich gibt es auch in Bayern und München eine lebendige Szene, wo mittlerweile tolle Sachen entstehen. Deswegen freuen wir uns darauf, die beiden Regionen an dem Abend zusammenzubringen.

Wenn man "Bigband Dachau" hört, labelt man sie intuitiv eher als Jazz. Wie viel Hip-Hop steckt in der DNA der Bigband?

Keno, der vielen in der Region als Frontmann von "Moop Mama" bekannt ist. (Foto: Lena Semmelroggen)

Salvermoser: 30 Prozent!

van Meerendonk: (Lacht).

Salvermoser: Okay, sagen wir 25.

van Meerendonk: Na ja, so ein Drittel finde ich als Schätzung gar nicht so schlecht.

War Hip-Hop von Anfang Teil des Konzepts oder hat sich das so eingeschlichen?

Salvermoser: Das hat sich eingeschlichen.

van Meerendonk: Wenn man den Wechsel vom traditionellen Swing-Programm, das es ja am Anfang gab, nimmt, hin zu dem, was es jetzt ist, hat der Hip-Hop-Anteil schon sehr zugenommen, vor allem seitdem der Tom (Bandleader Tom Jahn; Anm. d. Red.) und du dabei sind.

Gibt es eigentlich Diskussionen, in welche Richtung sich die Bigband entwickeln will - oder entwickelt sie sich einfach?

Salvermoser: Man diskutiert schon. Aber am Ende passiert es immer ganz anders.

van Meerendonk: (Lacht). Ja, ich glaube, das trifft es ganz gut.

Gibt es so etwas wie ein Hip-Hop-Fraktion in der Band?

Salvermoser: Ja! Das bin ich!

van Meerendonk: Das ist ja auch das Interessante an der Band: dass dort jeder etwas findet, das ihm besonders am Herzen liegt. Salvermoser: Ich habe immer um Hip-Hop gebettelt!

van Meerendonk: Wir haben ja auch viele Hip-Hop-Nummern. Los ging es mit Stücken wie "Afro Blue", das ursprünglich ja eigentlich ein Jazz-Standard von Mongo Santamaria ist; davon gibt es eine Hip-Hop-Version von Robert Glasper und Erykah Badu, die wiederum Vorlage für unsere Bigband-Version war. Dann ging es über diverse Cover-Nummern wie "Insane in the Brain" von Cypress Hill . . .

Salvermoser: . . . oder "Where ist the Love" von Black Eyed Peas.

van Meerendonk: Wir haben uns mit der Zeit ein Repertoire erarbeitet und auch mit verschiedenen Gästen gezielt Hip-Hop performt und das recht erfolgreich. Unser Facebook-Video mit Roger Rekless hat inzwischen schon mehr als 18 000 Klicks.

Für ein Festival mit drei Stunden Musik und Gästen, die bis aus Berlin kommen, ist der Eintrittspreis ganz schön günstig.

Salvermoser: Ich wollte den Preis unbedingt unter 20 Euro halten, damit auch wirklich jeder, der auf das Konzert gehen will, sich das leisten kann.

van Meerendonk: Wir sind unseren Sponsoren sehr dankbar, dass sie uns so gut unterstützen, ohne die wäre das gar nicht möglich. Aber wir wollen uns auch bei der Knabenkapelle bedanken: Es ist ja nicht unbedingt selbstverständlich, dass so ein traditionsreicher Blasverein ein Hip-Hop-Festival veranstaltet.

Was muss passieren, damit die "Big Swag Night" für die Bigband als Erfolg gilt?

Salvermoser: Wenn alle, die da waren, sich ein Jahr danach wünschen, dass wir die Veranstaltung noch mal machen und sagen: "Wow, geil, da hätt' ich voll Bock drauf!" Das wünsche ich mir. Und ich wünsche mir ein möglichst buntes Publikum.

van Meerendonk: Es soll ein besonderer Abend sein, sowohl für die Künstler als auch für die Besucher. Genau.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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