Hasselfeldt-Nachfolge:Demokratie statt Geschacher

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Wahlen waren bei der CSU selten spannend. Doch nun könnte das Ende der Hinterzimmerdiplomatie angebrochen sein

Von Wolfgang Eitler

Dass Demoskopen ziemlich oft falsch liegen, ist in den vergangenen Monaten weltweit belegt worden. Aber das Bauchgefühl gestandener Kommunalpolitiker galt bisher als unumstritten. Wenn man einen CSU-Mann früher fragte, wer welche Wahlchancen hatte, antwortete er zielgenau. In den letzten Tagen und Wochen vermischten sich in Dachau solche Vorhersagen mit Wunschdenken, auf dass der CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Florian Schiller, doch noch gegen Katrin Mair gewinnen möge, um eventuell 2017 die Nachfolge der Bundestagskandidatin Gerda Hasselfeldt antreten zu dürfen. Beinahe hätte er es geschafft.

Die neue Unsicherheit unter Strippenziehern tut der Kommunalpolitik und vor allem der CSU richtig gut. Bisher entwickelte die Partei Personaltableaus hinter verschlossenen Türen. Beteiligte brüsteten sich mit ihrem exklusiven Wissen, schürten Spekulationen, und dann wurde heftig gemauschelt. Dagegen schuf das Verfahren von zehn Vorstellungsrunden in Dachau und Fürstenfeldbruck ein offene und öffentliche Plattform, auf der die vier Kandidaten sich deutlich profilieren und auch ihre Selbstwahrnehmung schärfen konnten.

Georg von Hundt unterlag zwar schmerzlich, erwies sich aber als gesundheitspolitischer Experte. Bei Anton Kreitmair wurde deutlich, dass er ein gestandener Kommunal- und Landespolitiker ist. Florian Schiller entdeckte sich, wie er selbst sagte, neu. Die Überraschung über sich selbst prägte seine Rede auf der Nominierungsversammlung.

Als Schiller im Jahr 2013 Landratskandidat der CSU werden wollte, scheiterte er am Parteiproporz zwischen Dachauer Stadt und Land - und musste schweigen. Jetzt kann er offen reden. Und die Wähler, im aktuellen Fall die 160 Delegierten, erhielten die Chance, sich von angeblichen oder vermeintlichen Strategien in Hinterzimmern zu lösen. Die drei sogenannten Verlierer mussten sich nicht so fühlen, weil sie in keinem Gerangel um Posten und Pöstchen im übertragenen Sinne verbrannt wurden. Mit diesem Verfahren hat die CSU allerdings ihren Anspruch an innerparteiliche Demokratie erheblich erhöht. Man darf gespannt sein, wie sie ihn in den nächsten Jahren einlöst.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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