Grünzug:Dicke Luft am Tiefen Graben

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Der Streit um die Erhaltung des Grünzugs in Dachau-Ost hält an. Die Wut trifft Johann Hartmann mit seinem Aussiedlerhof. Zwar baut sein Nachbar gerade eine Halle, aber Unbekannte haben jetzt seine Bäume gefällt

Von Petra Schafflik, Dachau

Ein Bagger steht am Wegrand beim Tiefen Graben in Dachau-Ost. Ein wenig Erdreich ist neben dem Aussiedlerhof von Landwirt Johann Hartmann abgeschoben. Spaziergänger sind irritiert, und eine Anwohnerin aus dem nahe gelegenen Wohnviertel fragt, "ob jetzt dort noch eine Halle gebaut wird." Die Entwicklung auf dieser Fläche zwischen Dachau und Karlsfeld wird von vielen Bürgern mit Argusaugen beobachtet. Die Menschen fürchten, es entstehe "ein Gewerbegebiet durch die Hintertür." Sorgen, die Landwirt Hartmann durchaus versteht.

Schließlich war das Areal einmal im Gespräch als Gewerbefläche. Doch alle landwirtschaftlichen Gebäude sind seit langem genehmigt, auch die weitere Halle neben seinem Aussiedlerhof, die ein Nachbar jetzt dort baut. Traurig macht den Landwirt, "dass man nicht miteinander spricht." Vielmehr erlebe er persönliche Anfeindungen, sogar Sträucher, Bäume und Zaun an seinem neuen Hof seien zerstört worden.

Die Ackerflächen südlich der Schleißheimer Straße stehen seit Jahren immer wieder im Mittelpunkt öffentlicher Debatten. Mal gab es Überlegungen für ein Gewerbegebiet, das ans westlich gelegene Seeber-Gelände angrenzen würde. Andererseits setzt sich eine 2010 gegründete Bürgerinitiative "Grünzug Dachau-Karlsfeld" dafür ein, dieses Areal frei zu halten als wichtige Zone für den Frischluftaustausch. Und als Erholungsraum für die Anwohner in Dachau-Ost. 2016 hat die Stadt Dachau dann beim Landkreis beantragt, für diesen Bereich ein Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Gemeinsam mit Karlsfeld, das Flächen östlich der Bajuwarenstraße geschützt sehen wollte.

Doch der Kreistag wird das Landschaftsschutzgebiet nun neu strukturieren, ohne die fraglichen Dachauer und Karlsfelder Flächen aufzunehmen. Daraufhin hat im Dezember ein Aktionsbündnis von Naturschutz-Verbänden eine Petition eingereicht. 5000 Bürger unterstützen die Forderung, einen Korridor vom Langwieder Moos über Karlsfelder See und Tiefen Graben bis zum Hebertshausener Moos dauerhaft frei zu halten.

"Auf den Mond können wir nicht"

Mittendrin Landwirt Johann Hartmann, dem es mit seinem Aussiedlerhof darum geht, "einen zukunftsfähigen Standort für meinen Betrieb zu haben". Brotgetreide und Braugerste baut Hartmann an auf dem Betrieb, den er in vierter Generation bewirtschaftet. Zudem bietet er Dienstleistungen für Bauern im Landkreis und handelt mit Stroh, dass er an Pferdehöfe und Landwirte in der Bergregion liefert. Die Erntezeit ist kurz, dauert nur wenige Wochen im Jahr. Die Arbeitszeiten bestimmt die Natur, oft arbeitet Bauer Hartmann rund um die Uhr. Je nach Wetterbericht "fahren wir die Nacht durch, um alles trocken rein zu bringen". Der saisonale Arbeitsrhythmus der Landwirtschaft kollidierte nicht selten mit dem verständlichen Ruhebedürfnis der Nachbarn im Wohngebiet. Ein Bauernhof passt nicht mehr mitten die Stadt, erklärt Hartmann. Deshalb hat er seinen Betrieb rausverlagert, auf ein eigenes Grundstück südlich der Schleißheimer Straße. "Auf den Mond können wir nicht." So entstand der Aussiedlerhof, der selbstverständlich genehmigt ist.

Landwirtschaftliche Vorhaben im Außenbereich gelten als privilegiert, sobald das zuständige Landwirtschaftsamt seine Zustimmung erteilt. Solche Vorhaben muss die Stadt als Genehmigungsbehörde billigen, in den Gremien wird darüber deshalb meist gar nicht mehr beraten. Genehmigt ist am Tiefen Graben ein Aussiedlerhof mit Wohngebäude und zwei Hallen, eine kleine, dritte wird noch quer zu den bestehenden gebaut. Daneben noch die Halle eines benachbarten Landwirts, an der Bürger jetzt Anstoß nehmen. "Dann ist Schluss", erklärt Bauamtsleiter Michael Simon.

Doch die Anwohner fürchten, dass es immer so weitergeht, nächstes Jahr dann noch eine Halle. Landwirt Hartmann hat aber andere Sorgen. Denn alle frisch gepflanzten Sträucher an seinem Aussiedlerhof wurden kürzlich in einer Nacht ausgerissen und in die Einfahrt gelegt. Fünf schöne Bäume, einheimische Sorten, wie sie die untere Naturschutzbehörde verlangt hat, wurden von Unbekannten gefällt und liegen nun hinter dem zerstörten Zaun. Wegräumen will Hartmann sie erst mal nicht. "Das sollen sich die Leute nur anschauen", sagt der Landwirt.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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