Gelungene Integration:Angekommen, aber nicht am Ziel

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Eigentlich ist er Akademiker, aber jetzt macht Oluwajoba Fajuke eine Ausbildung zum Fleischfachverkäufer. (Foto: Niels P. Joergensen)

Oluwajoba Olumide Fajuke kommt 2013 als Flüchtling nach Hebertshausen. Der Akademiker räumt zunächst Biergarten-Tische ab und muss sich mit Beleidigungen herumschlagen. Nun arbeitet er in einer Metzgerei in Dachau

Von Marie Groppenbächer, Dachau/Hebertshausen

Beleidigungen vom Chef, Beschäftigungsverbote - das sind Erfahrungen, die Oluwajoba Olumide Fajuke hinter sich gelassen hat. Heute ist der 38-jährige Nigerianer ausgebildeter Fleischfachverkäufer und arbeitet für die Firma Vinzenz Murr. Doch der Weg bis dahin war beschwerlich.

Im Sommer 2013 kam Oluwajoba Olumide Fajuke in der Asylunterkunft Deutenhofen in Hebertshausen an. Er war zu alt, um eine Berufsintegrationsklasse zu besuchen. Der studierte Lebensmitteltechnologe lernte Deutsch im "EineWeltHaus" in München. Er wusste, um sich vollständig zu integrieren und unabhängig leben zu können, musste er so schnell wie möglich eine Arbeit finden. Trotz seines Bachelors war er sich nicht zu schade, für ein Münchner Unternehmen als Tischabräumer in einem Biergarten zu arbeiten. Gewürdigt wurde seine Arbeit nicht. Im Gegenteil: Als er seinen Chef auf Überstunden und ausbleibende Bezahlung aufmerksam machte, bezeichnete ihn dieser als "ein Stück Scheiße".

Zwei Jahre nach seiner Ankunft in Hebertshausen fand er endlich einen Job als Regalauffüller in einem Supermarkt. Neun Euro hätte er dort die Stunde verdient. Doch das deutsche Asylrecht machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Eine Beschäftigung bei einer Leiharbeitsfirma war zu diesem Zeitpunkt für Asylbewerber untersagt. An Aufgeben war trotzdem nicht zu denken.

Seine Diplome aus Nigeria wurden nicht anerkannt, erinnert sich sein Betreuer Peter Barth, Koordinator des Helferkreises Hebertshausen. Oluwajoba Olumide Fajuke musste etwas Neues lernen. Er zögerte nicht lange, machte einen Lehrgang im Gesundheitsamt und erhielt nach bestandenem "Examen" ein Gesundheitszeugnis. Damit war der Grundstein gelegt. Peter Barth half ihm bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Gemeinsam fuhren sie zur Firma Vinzenz Murr. Die Filiale in Dachau bot sich an, da sie für den in Hebertshausen wohnenden Oluwajoba Olumide Fajuke gut erreichbar ist.

Im September 2015 begann Oluwajoba Olumide Fajuke ein Praktikum in der Metzgerei. Trotz seiner Kenntnisse im Ernährungsbereich war der Einstieg eine Herausforderung, nicht nur wegen der sprachlichen Hürden. Auch wenn Mitarbeiter und die meisten Kunden das neue Gesicht positiv aufnahmen, gab es auch weniger Wohlgesonnene unter den Einkäufern. Josef Riedl, der damalige Filialleiter, war allerdings sehr zufrieden mit seinem Praktikanten und förderte ihn, wo er konnte.

Nach einem berufsbezogenen Sprachkurs bewarb sich Oluwajoba Olumide Fajuke um einen Ausbildungsplatz zum Fleischfachverkäufer und bekam den Platz. Einziges Problem: sein Bleiberecht. Nigeria gehört nicht zu den Ländern mit hoher Anerkennungsquote - es sei denn, man kann einen Ausbildungsplatz vorweisen. Knapp zwei Wochen, nachdem Oluwajoba Olumide Fajuke seinen Ausbildungsvertrag bei der Vinzenz Murr Vertriebs-GmbH München unterschrieben hatte, erhielt er die Genehmigung der Ausländerbehörde und darüber hinaus eine Aufenthaltsgestattung. Seiner Ausbildung in der Metzgereifiliale in Dachau und an der staatlichen Berufsschule Freising stand nichts mehr im Weg. Heute, fünf Jahre, nachdem Oluwajoba Olumide Fajuke nach Deutschland kam, ist er ausgebildeter Fleischfachverkäufer und stolz auf seine Festanstellung. Vor einer guten Woche begann sein Leben als fest angestellter Geselle. Dank seines Engagements und der Hilfe seiner Unterstützer fand Oluwajoba Olumide Fajuke einen Platz in einer fremden Gesellschaft. Was ihm noch fehlt: Eine kleine, eigene Wohnung. Am Ziel ist er dann dennoch nicht. Für seine berufliche Zukunft hat er noch viele Pläne.

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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