Kommentar:Eine politische Entscheidung

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Die Politik sollte generell die finanzielle Ausstattung der KZ-Gedenkstätten überdenken. (Foto: Niels P. Joergensen/npj/Foto: Jørgensen)

Die Beschäftigung der Guides an der Gedenkstätte muss der Gesetzeslage entsprechen. Deswegen muss man sie aber nicht schlechter bezahlen

Von Helmut Zeller

Die geplante Umstrukturierung der Beschäftigungsverhältnisse von Gedenkstättenreferenten ist in arbeitsrechtlicher Hinsicht richtig, ja sogar geboten angesichts der bundesweit gültigen Gesetzeslage. Deshalb hat der Stiftungsrat einmütig diese Entscheidung getroffen, unter Beisein eines Vertreters des Bundes. Gleichwohl ist der Ärger etlicher Betroffener, die künftig weniger Geld pro Rundgang erhalten, nachvollziehbar; zumal das derzeitige Honorar von 85 Euro erst seit drei, vier Jahren bezahlt wird und sich schon davor etlicher Unmut angesammelt hatte.

Andererseits profitieren diejenigen, die fest angestellt werden, doch von einer nunmehr sozialabgabenpflichtigen Beschäftigung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder von Leistungen wie anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld. Im Übrigen lassen sich die 160 Referenten in Dachau nicht über einen Kamm scheren: Darunter sind viele Nebenberufstätige, Rentner oder etwa Studenten. Und der Verwaltungsleiter der Stiftung gestaltet wie schon in der Gedenkstätte Flossenbürg die Umstrukturierung so sozial verträglich wie nur möglich. Die Einstufung in die Gehaltsgruppe E 9 ist sogar ein Erfolg, bundesweit gibt es nicht mehr.

Dennoch empfinden Referenten, und auch das ist verständlich, die Neuregelung als eine Abwertung ihrer Arbeit. Diese Reaktion verweist aber auf eine grundsätzliche Frage: Müssten die Referenten von KZ-Gedenkstätten nicht überhaupt mehr Geld erhalten? Man muss gar nicht auf die neuen Herausforderungen des wachsenden Rechtspopulismus Bezug nehmen, KZ-Gedenkstätten sind wie in Dachau nicht nur ein Gedenk-, sondern auch Lernort. Und die Politik fordert, die pädagogischen Mitarbeiter sollten doch bitte ihren Beitrag zur demokratischen Erziehung der Jugendlichen leisten.

Gerade jetzt wird in der Politik der Ruf danach wieder laut. Zwar tun die Gedenkstätten, und ihre Referenten spielen dabei eine zentrale Rolle, das ohnehin; dann aber sollte die Politik generell die finanzielle Ausstattung der KZ-Gedenkstätten überdenken. Zuletzt war eine bundesweite Debatte um Pflichtbesuche von Schulklassen an den Gedenkstätten entbrannt.

Die Adresse für eine Gesetzesänderung im öffentlichen Tarifrecht ist Berlin: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Immerhin braucht ein Guide in einem Kunstmuseum wohl keine Supervision, wie sie von der Gedenkstätte Dachau angeboten wird. In Polen erhalten oder erhielten Referenten der Gedenkstätte Auschwitz einen Zuschlag an Geld und Urlaubstagen, weil ein Rundgang durch das Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers der Nationalsozialisten eben besondere Anforderungen stellt.

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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