Faschingsschlägerei:Ratloses Weichs

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Fassungslose Kommunalpolitiker und Bürger suchen nach den Gründen für die Gewaltexzesse im Fasching und wollen Konsequenzen ziehen. Der Kehraus wird so nicht mehr stattfinden, aber der Umzug soll erhalten bleiben.

Von Anna-Sophia Lang und Benjamin Emonts, Weichs

Zwei Tage nach den brutalen Ausschreitungen am Faschingsdienstag in Weichs sind viele Fragen ungeklärt: Die Polizei weiß nicht, woher die Gewalttäter stammten, die beim Kehraus Schlägereien anzettelten. Die Rettungskräfte mussten 30 Besucher behandeln, zwölf kamen ins Krankenhaus. Es gibt auch keinen Hinweis auf den Jugendlichen, der die BRK-Sanitäterin Daniela Janzen schwer am Kopf verletzte. Die 29-Jährige wurde inzwischen aus dem Amperklinikum entlassen. Bürger, Polizei, BRK und Kommunalpolitiker wirken angesichts der beispiellosen Gewaltorgie ratlos. So viel aber ist schon klar: "Den Kehraus wird es in dieser Form nicht mehr geben", sagte der Weichser Bürgermeister Harald Mundl (parteifrei) der SZ.

Bürgermeister Mundl und Vertreter des örtlichen Maschkera-Komitees berichten, dass Auswärtige die friedlich Feiernden gezielt provoziert hätten. Joachim Drexler, Sprecher des Faschingskomitees, erzählt von einer Gruppe nicht Kostümierter, die zwischen 18 und 19 Uhr aus Richtung der S-Bahnstation Vierkirchen nach Weichs gekommen seien. "Das waren vermutlich Schlägertrupps, die nur darauf aus waren, in Weichs Krawall zu machen." Auch der Bürgermeister meint, dass die brutalen Schlägereien von Auswärtigen verursacht wurden. Polizeisprecher Michael Richter bestätigt zwar, dass einige "sicher nicht nur zum Fasching feiern in Weichs waren". Über Schlägertrupps ist ihm jedoch nichts bekannt, wie er der SZ sagte. Informationen, wonach nur zehn Polizisten den Faschingsumzug und Kehraus überwachten, haben sich nicht bestätigt. Richter bezeichnete diese Zahl als falsch, wollte aber nicht sagen, wie viele Polizeibeamte in Weichs waren. "Es waren genau so viele wie im letzten Jahr." Auf jeden Fall wurden die Beamten und privaten Sicherheitskräfte am Dienstagabend den Schlägern kaum Herr. Es gab auch keine Festnahmen. Die Täter dürften jetzt nur noch schwer zu finden sein.

Dass die Vorfälle Konsequenzen haben müssen, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Wie diese jedoch genau aussehen werden, ist noch unklar. Bei einer Nachbesprechung wird neben dem BRK, der Gemeinde, dem Maschkera-Komitee und der Polizei auch das Landratsamt dabei sein. Wie auch viele Bürger in Weichs wollen sie den Faschingsumzug jedoch erhalten. Das Rote Kreuz wird auch 2016 den Umzug begleiten. "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete und BRK-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath. Auch die verletzte Mitarbeiterin will sich weiter beim BRK engagieren. "Gerade jetzt werde ich weiter kämpfen", hatte sie schon am Mittwochabend noch im Krankenhaus erklärt. Seidenath sagt: "Der Weichser ist einer der schönsten Umzüge im Landkreis." Wenn jedoch solche Exzesse beim anschließenden Kehraus im Festzelt nicht zu verhindern seien, dann müsse man ihn abschaffen, sagt Seidenath. Er fuhr am Donnerstagabend zu Daniela Janzen und brachte ihr einen Blumenstrauß. Auch der Bürgermeister will der 29-jährigen Mutter von zwei Kindern noch seine Aufwartung machen.

Bürgermeister Mundl will den Umzug erhalten, die Party im Festzelt aber nicht mehr haben sowie ein generelles Ausschankverbot um 18 Uhr verhängen. Dabei ist die Frage, welche Rolle der Alkoholkonsum spielte, noch nicht eindeutig geklärt. Mundl und Drexler zufolge waren es Schlägertrupps, natürlich alkoholisiert, die von Anfang an auf Krawall aus waren und andere Betrunkene provoziert haben. Anderen Stimmen zufolge könnte es sich bei den Gewalttätern auch um junge Männer aus den umliegenden Gemeinden handeln - die viel zu viel Alkohol tranken. SPD-Kreisrätin Sylvia Neumeier, die seit 1993 die Dachauer Drogenberatungsstelle Drobs leitet, sieht die Hauptursache der Gewaltexzesse im Alkohol. Schließlich würden die Jugendlichen über die Faschingstage quasi durchgehend exzessiv Alkohol trinken und dabei kaum essen und schlafen. Die sich stetig verschlechternde Grundstimmung der Jugendlichen führe dann oftmals zu Aggression und Gewalt, sagt sie in einem Interview der SZ.

Das sieht Alexander Westermaier, BRK-Bereitschaftsleiter, auch so. Es gebe unter den jungen Faschingsteilnehmern einen Trend zum "Vorglühen". Schon früh morgens, lange vor Beginn der Umzüge. Diese Entwicklung verstärkt sich seit Jahren, wie Westermaier beobachtet. "Die Jugendlichen trinken selbst mitgebrachte Mischgetränke, bei denen sie den Alkohol erst nicht bemerken und dann kommt plötzlich der Rausch." Bereits 14-Jährige nehmen harten Alkohol zu sich. Polizeisprecher Richter spricht wegen des steigenden Alkoholkonsum von einem "Missbrauch des Faschings".

© SZ vom 20.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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