Europäischer Musikworkshop:Verneigung vor einer großen Künstlerin

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Den literarisch-musikalischen Schumann-Abend gestalten Pianist Markus Kreul (links) und die Schauspieler Heidrun Gärtner und Daniel Friedrich. (Foto: oh)

Pianist Markus Kreul widmet das EUMWA-Auftaktkonzert der viel zu selten gewürdigten Komponistin Clara Schumann

Von Dorothea Friedrich

Die Musikwelt - und nicht nur die - feiert heuer den 200. Geburtstag von Clara Schumann (1819-1896). Grund genug für den Pianisten und Schumann-Botschafter Markus Kreul, mit dem diesjährigen Auftaktkonzert zum Europäischen Musikworkshop Altomünster (EUMWA) der von ihm hochverehrten Pianistin, Komponistin und Ehefrau von Robert Schumann (1810-1856) seine Reverenz zu erweisen. Warum? Weil Clara in der Musikwissenschaft viel zu lange im Schatten ihres berühmten Mannes gestanden habe, sagte Kreul der SZ Dachau. "Sie war eine selbstbestimmte Persönlichkeit, über Jahre die Ernährerin der Familie. Clara Schumann hat im 19. Jahrhundert das geschafft, was heute noch für viele Frauen ein großes Problem darstellt: Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Und das unter den damaligen Bedingungen."

Kreul widmet sich seit Jahren mit Hingabe und Leidenschaft dem Werk Robert Schumanns. Deshalb hat ihn im vergangenen Jahr das renommierte, in Bonn beheimatete Schumann-Netzwerk zum Schumann-Botschafter ernannt.

Für das EUMWA-Eröffnungskonzert am Freitag, 25. Januar, bereitet Kreul einen literarisch-musikalischen Abend vor. Unter dem Motto "Du bist wie eine Blume" - eines der schönsten Liebesgedichte Heinrich Heines, das Schumann für seine Frau im Liederzyklus "Myrthen" vertont hat - lesen die bekannten Schauspieler Heidrun Gärtner und Daniel Friedrich aus dem Briefwechsel von Clara und Robert aus der Zeit vor ihrer Heirat. Die beiden hatten bekanntlich jahrelang gegen Claras Vater, Friedrich Wieck, zu kämpfen, weil dieser ihnen die Eheschließung verboten hatte. Gesangsstudenten des Leopold-Mozart-Zentrums der Universität Augsburg, an dem Kreul auch als Dozent tätig ist, singen etliche der schönsten Lieder von Clara und Robert Schumann. Das Konzert findet in diesem Jahr nicht im Barocksaal der Vinzenz-von-Paul-Schulen Markt Indersdorf statt, der gerade renoviert wird, sondern im weitaus schlichter ausgestatteten evangelischen Gemeindezentrum in Altomünster. "Zurück in der Heimat", wie der in der Marktgemeinde lebende Kreul sagte.

Ein solches Konzertprogramm wäre übrigens vor noch gar nicht langer Zeit undenkbar gewesen. Nicht nur, dass Komponistinnen bis vor wenigen Jahrzehnten im öffentlichen Bewusstsein gar nicht präsent waren. Ausnahmefrauen wie Clara Schumann galten zudem mindestens als Rabenmütter und pflichtvergessene Ehefrauen. Ging Clara doch oft genug ohne Mann und Kinder auf Konzertreisen, die sie bis nach Russland führten und in denen sie mit den angesagtesten Künstlern und Komponisten ihrer Zeit zusammenarbeitete. Das machte ihr Leben mit einem nicht gerade einfachen Mann wie Robert Schumann einer war nicht wirklich leichter. Wie viel Kraft es Clara Schumann gekostet hat, sich den Konventionen ihrer Zeit entgegenzustemmen, aber wie geradezu symbiotisch trotz aller Widrigkeiten die Beziehung zwischen den beiden Musikerpersönlichkeiten war, "das verdient höchsten Respekt", sagt Kreul.

Diesen Respekt will der Schumann-Botschafter nicht nur im Eröffnungskonzert, sondern auch im kommenden 13. EUMWA vermitteln. Dieser findet von Samstag, 20. April, bis Samstag, 27. April, in Altomünster statt. Etwa 50 junge Sänger und Instrumentalisten aus der Region und fast aller Welt lernen von und mit bekannten Dozenten eine Woche lang die Schönheiten und Herausforderungen der Kammermusik kennen, bei denen die Werke von Clara und Robert Schumann eine wichtige Rolle spielen werden. Zumal unter den Dozenten ein weiterer Schumann-Botschafter ist, der Cellist Guido Schiefen. Erstmals dabei ist der Fagottist Karsten Nagel. "Das erweitert unser musikalisches Spektrum beträchtlich", sagt Kreul.

Auch Andrea Friedhofen, eine Meisterin der Improvisation, leitet wieder entsprechende Workshops. Dabei geht es nicht um die Improvisation bekannter Stücke, sondern um "das progressive Moment in der Musik. Jeder bringt seine Möglichkeiten, sein Potenzial und seinen kulturellen Hintergrund ein. Denn Musik ist eine universelle Kunst. So entwickeln sich in der Gruppenimprovisation durch Offenheit und die Lust am Spielen neue musikalische Ideen und ein ästhetisches Erlebnis", wie Andrea Friedhofen vor einiger Zeit im Interview mit dieser Zeitung gesagt hat. Da ist doch ein Clara Schumann gewidmeter Abend eine passgenaue Ouvertüre.

"Du bist wie eine Blume". Musikalisch-literarischer Abend zum 200. Geburtstag von Clara Schumann, Freitag, 25. Januar, 19.30 Uhr, Evangelisches Gemeindezentrum Altomünster. Restkarten im Infobüro Altomünster, Marktplatz 7, Telefon 08254/99 97 44 und an der Abendkasse.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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