Einsbach:Renaissance für ein Kleinod

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Der frühere Kirchenpfleger Siegfried Ketterl will bei Heilig Blut in Einsbach an deren frühere Bedeutung anknüpfen

Von Renate Zauscher, Einsbach

Wer von Osten her in den kleinen, zur Gemeinde Sulzemoos gehörenden Ort Einsbach kommt, dem bietet sich ein besonderer Anblick: der zweier Kirchtürme in unmittelbarer Nachbarschaft. Gleich gegenüber der barocken Pfarrkirche Sankt Margareta steht die dem heiligen Sebastian geweihte, ehemalige Wallfahrtskirche Heilig Blut, deren Turm eine Besonderheit aufweist: Es handle sich bei ihm um den einzigen bekannten achteckigen Kirchturm aus der Zeit der Gotik, wie Siegfried Ketterl, früherer Kirchenpfleger in Einsbach und mittlerweile Mitglied im Sulzemooser Gemeinderat, darlegt.

Neben ihren Turm aber hat die Kirche Heilig Blut noch eine andere, entstehungsgeschichtlich höchst interessante Besonderheit zu bieten: Vor dem Chor befindet sich ein schöner, großer Marmorbrunnen. Die daran angebrachte Jahreszahl 1688 verweist auf die Zeit der Barockisierung der ursprünglich gotischen Kirche. Laut der überlieferten Legende entsprang dort, wo ein Einsbacher Knecht, von der Messe in Lauterbach kommend, eine geweihte Hostie versehentlich fallen ließ, ein Quell. Mit dieser Legende dürfte auch das ursprüngliche Patrozinium des "Heiligen Bluts" zusammenhängen: dem heiligen Sebastian wurde die Kirche erst sehr viel später geweiht.

Der Glaube an das heilkräftige Quellwasser führte zum Entstehen eines Wallfahrtsortes, der vor allem im 17. Jahrhundert von ungezählten Pilgern besucht wurde. Die gefasste Quelle aber mit dem Brunnen, aus dem man das Wasser schöpfen kann, bildet heute noch den Mittelpunkt der Kirche. Nachdem der Wallfahrtsort im Zeitalter der Aufklärung allmählich an Bedeutung verloren hatte, wäre das der Kirchenstiftung Einsbach gehörende Gotteshaus beinahe noch der Säkularisation zum Opfer gefallen: Es blieb wohl nur deshalb erhalten, weil es zeitweilig als Strohlager gedient hatte.

Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts war die ehemalige Wallfahrtskirche in desolatem Zustand. Die Wände waren feucht, der barocke Stuck war im Zuge unsachgemäßer Sanierungsarbeiten in den Siebzigerjahren unter Spritzbeton verschwunden, und durch die Feuchtigkeit in dem Gebäude hatte auch die Innenausstattung stark gelitten.

Fast 40 Jahre, sagt Siegfried Ketterl, habe die Kirche zuletzt "in einem Dornröschenschlaf gelegen"; niemand habe sich um die dringend notwendige, fachmännische Renovierung der Kirche gekümmert. Dann aber kam, während Ketterls Zeit als Kirchenpfleger, zwischen 1995 und 2005, doch noch Bewegung in die Sache. In mehreren Bauabschnitten wurde zunächst das Mauerwerk trockengelegt, dann im Kircheninneren in mühevoller Arbeit der barocke Stuck wieder freigelegt.

Verschiedene spezialisierte Handwerksbetriebe restaurierten in den Folgejahren das über lange Zeit bereits ausgelagerte, stark schadhafte barocke Kirchengestühl sowie die Kanzel, den Hauptaltar mit seiner Sebastians-Darstellung und verschiedene andere Kunstgegenstände. Für die Kosten in Höhe von fast 800 000 Euro kam fast zur Hälfte das Landesamt für Denkmalpflege auf, weitere Geldgeber waren unter anderem die Erzdiözese München-Freising, die Bayerische Landesstiftung, Landkreis und Gemeinde. Aber auch die Pfarrei und die Einsbacher Bürger beteiligten sich laut Siegfried Ketterl mit ganz erheblichen Summen.

Die früher weit über den lokalen Raum hinaus bekannte Wallfahrtskirche wird heute nur noch für besondere Zwecke genutzt. So fanden hier bereits österliche Fußwaschungen statt, und jedes Jahr am Tag des heiligen Sebastian im Januar treffen sich die Mitglieder der hier beheimateten Sebastians-Bruderschaft zum Gottesdienst.

Was sich Siegfried Ketterl wünschen würde, wäre die Wiederbelebung der alten Tradition, zu Ostern ein "Heiliges Grab" aufzubauen. Teile der früheren Installation seien, so Ketterl, noch vorhanden. Die Kosten für das Projekt aber lägen bei etwa 50 000 Euro - Geld, das fürs erste wohl nicht da ist.

Kirche Heilig Blut, geöffnet sonntags zwischen 13 und 17 Uhr. Wer sie sonst besuchen will, bekommt den Schlüssel in der Autowerkstatt Schlatterer.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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