Diskussionsabend:Der Überzeugte

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Hält den Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder "nicht für falsch": Landrat Stefan Löwl. (Foto: Toni Heigl)

Landrat Stefan Löwl spricht mit Schülern darüber, wie das Christsein ihn in seinem Beruf als Politiker beeinflusst

Von Renate Zauscher, Petersberg

Stefan Löwl ist Politiker und Christ. Was heißt das für den Dachauer Landrat von der CSU, der christlich sozialen Union? In Rahmen eines Vortrags an der katholischen Landvolkhochschule auf dem Petersberg sprach Löwl über den Einfluss des Christseins auf seinen Beruf.

Gleich zu Beginn des Abends wollte ein junger Mann von Löwl wissen, was er denn von "Söders Kreuzen" halte. Der Landrat antwortete sehr differenziert: Er persönlich halte den Kreuzerlass "nicht für falsch", wohl aber die Art und Weise, wie er "instrumentalisiert" worden sei. Einem Zuhörer, der den populistischen "Missbrauch" des Kreuzsymbols kritisierte, mochte Löwl nicht widersprechen.

Wichtig war dem Landrat der direkte Austausch mit seinen Zuhörern, darunter fast nur Schüler der Landwirtschafts- und Hauswirtschaftsschule in Pfaffenhofen an der Ilm, die gerade ein Seminar auf dem Petersberg besuchen. In seinem Vortrag wie im Gespräch mit dem Publikum machte der Landrat deutlich, dass er alles andere als ein christlicher Fundamentalist ist, vielmehr ein Mensch mit hohem Respekt auch vor Andersdenkenden oder Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften. Aber auch die persönliche Einschränkungen wurden deutlich, denen er von Staats wegen in seiner Berufspraxis unterliegt.

Falsch, sagt Löwl, sei schon die Frage, ob denn ein Christ in der Politik aktiv sein könne. Die Vorstellung vom "guten Christen" und dem "schlechten", weil mit Tricks und Winkelzügen agierenden Politiker transportiere lediglich stereotype Bilder. Das Gegenteil sei richtig: Beide, der Christi wie der Politiker, gründeten ihr Handeln auf innere Überzeugungen, und beide müssten in diesem Handeln verantwortungsvoll sein, so Löwl. Die Bibel gebe allerdings nicht für viele drängende Fragen - etwa die nach Abtreibung, Sterbehilfe, Gentechnik oder Tier- und Umweltschutz - eindeutige Lösungen vor. In einer multikulturellen, komplexen Gesellschaft müsse man immer neu abwägen, wie biblische Aussagen heute zu verstehen seien.

Sehr schnell kam man im Diskussionsteil des Abends auch auf das Thema Flüchtlinge zu sprechen. Hier liegt Löwl weitgehend auf CSU-Linie, zeigt aber viel Verständnis für die geflohenen Menschen. Unser Wohlstand basiere "auf dem Elend all der anderen", betonte er eindringlich. Entscheidend sei Hilfestellung vor Ort, etwa in Afrika. Bayern habe den Ansturm der Flüchtlinge vor drei Jahren gut geschafft, jetzt aber müsse man Menschen auch zurückschicken. Bleiben könnten Verfolgte und die, "die wir vielleicht auch brauchen". Er persönlich sei im Rahmen seiner Spielräume "großzügig bei Arbeitsgenehmigungen"; wer in Mangelberufen wie der Pflege arbeiten wolle, "den unterstütze ich besonders". "Wir brauchen Einwanderung", sagt Löwl, Wohnungs- und Identitätsfragen aber müssten geklärt sein. Einwanderung solle deshalb primär vom Heimatland aus und nicht per "Spurwechsel" geschehen.

Sehr deutlich trat Löwl den oft wilden Gerüchten entgegen, die über Flüchtlinge verbreitet werden. Er sei allen an ihn herangetragenen "Fake News" nachgegangen, nichts davon habe gestimmt. Rund die Hälfte aller Flüchtlinge im Landkreis stehe in Arbeit, sie alle seien "im großen und ganzen gute Leute" und die Kriminalitätsrate der Flüchtlinge sei keineswegs größer als die gleichaltriger Deutscher.

Das christliche Menschenbild mit seiner Betonung der Freiheit des Einzelnen steht für Löwl in engem Zusammenhang mit der Demokratie und damit auch der Akzeptanz von Mehrheiten, selbst dann wenn sie der eigenen Meinung zuwiderlaufen. Der Satz, man müsse "dem Kaiser geben was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist", bedeutet für ihn, dass staatliche, auf Mehrheiten gründende Vorgaben den Rahmen auch für das eigene Handeln bilden müssten, über die er sich als Politiker nicht hinwegsetzen könne.

Wichtig ist Löwl einerseits, dass "die christliche Lebenskultur in unserem Land und in Europa auch in hundert Jahren und mehr noch bestimmenden Einfluss hat". Gleichzeitig aber respektiere er durchaus auch die Vertreter anderer Religionen, die in ihrem Glauben manchmal überzeugender wirkten als Vertreter des Christentums. Hier ist sich der Landrat einig mit Pfarrer Josef Mayer vom Petersberg: Er habe viele Freunde, die Juden oder Muslime seien und ihren Glauben "intensiv leben", sagte Mayr. "Bei den Christen aber fehlt es da manchmal."

Abschließend appellierte der Landrat an die jungen Zuhörer: "Wenn Sie Christ sind, danken Sie Gott, gehen sie in eine Kirche und zünden Sie eine Kerze an - und danken Sie Ihren Eltern, die ihnen einen guten Start ins Leben ermöglichen."

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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