Diskussion um Artenschutz:Am Pranger

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Die Landwirte im Bauernverband fühlen sich durch die Forderungen des Volksbegehrens Artenvielfalt in ihrer Existenz bedroht. Zu Unrecht würden sie zum Sündenbock für Umweltprobleme gemacht

Unter dem Motto "Rettet die Bienen" schlägt das aktuelle Volksbegehren zur Artenvielfalt seit Wochen hohe Wellen. Nicht jeden freut der hohe Andrang bei den Eintragungsstellen. "Man kann auch ein Volk für dumm verkaufen", sagt Anton Kreitmair, Bezirkspräsident und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands in Dachau, zum Volksbegehren. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz in Dachau kritisiert Kreitmair die Forderungen der Initiative scharf. Die Plakate bezeichnet der CSU-Kreisrat als "puren Populismus". Die Landwirte fühlen sich in ihrer Existenz bedroht, da ist sich die Vorstandschaft des Kreisverbands einig.

Eine große Angst ist der Verlust von Förderungen wie dem bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) sowie dem Vertragsnaturschutzprogramm (VNP). 40 Prozent der Flächen in Bayern sind nach deren Richtlinien bewirtschaftet. Gerade kleinere Betriebe profitieren von der finanziellen Unterstützung, bei der sich Landwirte aus einem Katalog individuell zum Betrieb passende Maßnahmen aussuchen können. An Ausgleichszahlungen oder Unterstützung im Rahmen der neuen Gesetzeslage glauben die Landwirte nicht.

Zudem sehen sie die Forderung, der Ökoanbau solle bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent steigen, sehr kritisch. Das sei schlicht nicht umsetzbar, sagt Simon Wallner, Biolandwirt aus Hebertshausen. Seit er seinen Hof 1995 auf ökologische Landwirtschaft umgestellt hat, habe sich die Nachfrage nur geringfügig vergrößert. Für zusätzliche Produkte nach ökologischen Richtlinien sieht er keinen Absatzmarkt, die Menschen seien nicht bereit, die zusätzlichen Kosten zu tragen. Wallner sieht das Problem beim Verbraucher.

Ernte auf einem Feld bei Mariabrunn in Röhrmoos. Der Gesetzesentwurf des Volksbegehrens sieht 30 Prozent ökologische Landwirtschaft vor. (Foto: Toni Heigl)

Diese Meinung teilt auch Josef Riedlberger, konventioneller Landwirt in Altomünster und CSU-Kreisrat. Er verkauft sein Getreide seit 18 Jahren an das Netzwerk Unser Land, bekannt für die regionale und ökologische Zusammenarbeit. Die Richtlinien, die er dafür erfüllen müsse, brächten zusätzliche Kosten mit sich. In diesem Jahr müsse er deshalb sein Getreide zum ersten Mal wieder konventionell verkaufen. Es rechne sich nicht mehr, sagt er. Momentan werden dem Fachzentrum für ökologische Landwirtschaft zufolge im Landkreis nur sechs Prozent der Betriebe nach ökologischen Richtlinien geführt.

Auch, dass die Ausbildung der Landwirte umgestellt werden soll, stört Riedlberger. Als Vorsitzender des Prüfungsausschusses weiß er gut Bescheid über den Lehrplan. Das Thema Umweltschutz sei seit Jahren Teil des Unterrichts, zwangsläufig, weil es in jeden Bereich der Landwirtschaft mit hineinspiele. Die Jungbauern wären durch das Volksbegehren allgemein in einer schwierigen Lage. "Die jungen Leute leiden mehr unter dieser negativen Medienrepräsentation", sagt Anton Kreitmair. Auch in den sozialen Netzwerken wären die Landwirte Diffamierungen ausgesetzt. "Wir Bauern werden ja schlecht gemacht und an den Pranger gestellt", pflichtet ihm Emmi Westermeier (CSU), Kreisbäuerin in Dachau, bei.

Was dem Bauernverband am meisten fehlt, ist eine gründliche Auseinandersetzung mit der Thematik. "Wenn jemand unterschreibt und das ab morgen mit umsetzt, haben wir kein Problem damit", so Kreitmair. Ihm erscheine das Volksbegehren aber eher als Gewissensberuhigung mit den Landwirten als Sündenbock. Der Vorstand des Kreisverbands verweist auf Umwelteinflüsse, die im Volksbegehren nicht genannt werden, wie Lichtverschmutzung oder Flächenverdichtung. "Wir sind nur ein kleiner Teil der Verursacher", betont Kreitmair. Wichtig ist ihm auch, eigene Maßnahmen der Landwirtschaft zu betonen. "Von der Blumenwiese können wir halt nicht leben", sagt Emmi Westermeier, die Bauern würden aber "nach bestem Wissen und Gewissen" versuchen, ökologisch zu wirtschaften.

Bauern-Kreisobmann und CSU-Kreisrat Anton Kreitmair. (Foto: Toni Heigl)

Nicht alle Landwirte unterstützen die Position des Bauernverbands. Der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Josef Schmid, befürwortet das Volksbegehren. In einer Pressemitteilung erklärt der niederbayerische Landwirt, dass es sich bei einem Volksbegehren lediglich um Zielvorgaben handle, in denen etwa die Finanzierung von Ausgleichszahlungen schon von Gesetzes wegen nicht beinhaltet sein dürfe, da das einen Eingriff in die Haushaltshoheit darstelle. Außerdem sei es angemessen, als Bürger mehr Verantwortungsbewusstsein von den Bauern zu verlangen, immerhin würden 44 Prozent der Gesamtfläche in Bayern landwirtschaftlich genutzt.

Anton Kreitmair sieht das vollkommen anders. Das Volksbegehren sei auf keinen Fall unterstützenswert. "Das Thema ist so verfehlt, dass wir sagen, das geht so nicht."

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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