Dauerausstellung in Pasenbach:Das ganze Jahr Leonhardi

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Die Motivwagen für das Fest des "Bauernherrgotts" können in Pasenbach nun zu jeder Zeit in der Vereins- und Kulturhalle angeschaut werden

Von Sonja Siegmund, Pasenbach

Es ist bereits das neunte kulturhistorische Museum im Dachauer Land: das Schaudepot mit Kleinmuseum in der neuen Vereins- und Kulturhalle Pasenbach. Gezeigt werden die fünf Motivwagen des traditionsreichen Leonhardiritts sowie historische Fotos, Urkunden und Votivgaben von Wallfahrten zu diesem "Bauernheiligen". Zum Internationalen Museumstag wurde die Ausstellung mit einer Feierstunde eröffnet.

Beim Errichten der geräumigen Vereins- und Kulturhalle in Holzbauweise haben freiwillige Helfer unter Leitung von Feuerwehrkommandant Albert Knebl viele Arbeitsstunden geleistet. Nach der Fertigstellung vor einigen Jahren haben die Pasenbacher Vereine und Gruppen das Gebäude beziehen können, mittels einer Holzwand ist das neue Schaudepot abgetrennt. Im anderen Teil werden Vereinsfeste veranstaltet, Sportgeräte verstaut und Faschingswagen oder Maibäume geschmückt. Viel Platz bietet die Halle außerdem den Frauen des örtlichen Gartenbauvereins für das Schmücken ihres Motivwagens mit Erntekrone. Daneben haben nun auch die Modelle von Pasenbacher Bauwerken eine sichere Unterkunft gefunden.

Bisher waren die Motivwagen "irgendwo in Scheunen bei Bauern untergebracht", erklärte Helmut Größ, Leiter des Schaudepots und engagierter Heimatforscher. "Wir wollten diese Objekte ständig präsentieren und allgemein zugänglich machen. Nicht nur beim Leonhardiritt". Unzählige Stunden hat der Zimmerer und Maurer Michael Nefzger an dem Modell der Pasenbacher Kirche St. Leonhard und Anna gearbeitet, das 2001 erstmals beim Leonhardiritt zu sehen war. Mittlerweile hat der Handwerker vier weitere Modelle im Maßstab eins zu zehn gefertigt, die ihre Vorbilder bereits in den Umzügen der Zwanzigerjahre hatten. Das ehemalige Schloss ist dem Kupferstich von Michael Wening nachgebaut. Als nächstes baute Nefzger das Schusterhäusl nach, das letzte mit Stroh gedeckte Haus im Ort, heute Teil des privaten Bauernhofmuseums in Ebersbach. 2008 wurde das Wohnhaus der Pasenbacher Benefiziaten nachgebildet. Die Pfarrkirche St. Jakobus von Vierkirchen war 2011 das vorerst letzte Werk Nefzgers.

Der Leonhardiritt-Wagen mit Erntekrone. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Viel Engagement zeigte auch Helmut Größ, der Baupläne gezeichnet und die Kupferhauben für die Türmchen am Schlossmodell gefertigt hat. Zahlreiche Objekte, Fotos und Dokumente zur Ortsgeschichte hat der Diplom-Ingenieur im Ruhestand für das Kleinmuseum gesammelt. In einer Fotogalerie werden historische Fotos des Leonhardiritts 1924/25 präsentiert mit dem Modell der Klosterkirche Indersdorf, mit Geistlichen hoch zu Pferd, prachtvoll geschmückten Gespannen und Festwagen mit Motiven aus dem Bauernleben. Ausgestellt sind auch die Kopien von zwei, nur circa 15 Zentimeter großen, geschmiedeten Kuhvotiven als Dankopfer für den Viehpatron Leonhard, die im Original dem Bezirksmuseum Dachau gehören. In diesem Zusammenhang verwies Heimatforscher Größ auf die Darstellungen von ungarischen Graurindern mit weitausladenden Hörnern, die auf dem nahegelegenen Oxenweg nach Augsburg getrieben wurden. Im Original ist nur ein Eisenpferdchen aus dem 18. Jahrhundert erhalten, es ist eine Leihgabe aus der Sammlung Dr. Roth. Ausgestellt werden zudem historische Hufeisen, Votivbilder und Wachsstöcke zu Ehren des Heiligen.

St. Leonhard ist eng mit der Geschichte des bereits im neunten Jahrhundert urkundlich erwähnten Ortes verbunden. Dessen Patrozinium kann im Jahre 1524 sicher in Pasenbach nachgewiesen werden. Die Verehrung begann zur Zeit der Kreuzzüge gegen Ende elftes Jahrhunderts, während derer viele Leonhardskirchen entlang der Routen entstanden. Insbesondere in Bayern wurde Leonhard schon früh als Schutzpatron der Gefangenen und Reisenden verehrt. Ursprünglich galt er als Schutzpatron derer, "die in Ketten liegen", der Gefangenen und der bis ins 18. Jahrhundert angeketteten Geisteskranken. Später deutete man diese Fesseln als Viehketten, weshalb er zum Nothelfer der Haustiere, vor allem Pferde und Ochsen, der Schmiede, Schlosser, Bergleute und der Bauern wurde und auch Bauernherrgott genannt wird.

Eine dauerhafte Ausstellung mit vielen Objekten und historischen Fotos macht diese das ganze Jahr über erlebbar. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Doppelpatrozinium mit der Heiligen Anna in der Kirche rechtfertigt die Vermutung, dass Pasenbach bereits im 18. Jahrhundert eine Wallfahrtsstätte gewesen sei, bei der Pferdesegnungen und Umritte der Brauch waren, erklärt Größ. Zudem spreche die Leonhards-Figur in einer Nische an der Außenwand der Kirche, die zu dieser Zeit typisch für "Umrittskirchen" war, für diese These. "Zur Gewinnung eines besonderen Schutzes aller Viehgattungen" gründete der damalige Dorfhirte Mathias Kneißl 1762 den bis heute bestehenden Leonhardibund in Pasenbach. Die Mitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag, der für eine Seelenmesse nach ihrem Tod verwendet wird.

In welchem Jahr es erstmals einen Leonhardiritt in Pasenbach gab, ist nicht überliefert. Ein Hinweis mag sein, dass nach Indersdorfer Klosterurkunden der Ökonomieverwalter 1768 zum Leonhardtag nach Pasenbach geritten ist. 1924 wird in der Vierkirchner Pfarrchronik von 45 Gespannen und 247 Pferden beim Umritt berichtet. Mangels Interesse veranstalteten die Pasenbacher fünf Jahre später ihren vorerst letzten Festzug. Seit 1994 wird dieser Brauch alljährlich am Sonntag vor dem Leonhardstag am 6. November gepflegt.

Der Leonhardiritt an jedem Sonntag vor dem 6. November hat in Pasenbach eine Jahrhunderte lange Tradition. (Foto: Toni Heigl)

Besichtigungen in der Vereins- und Kulturhalle am Krautgarten in Pasenbach sind mit vorheriger Anmeldung möglich unter Telefon 08139/9314-0.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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