Dachau:Stadträtin Schilhabel wittert einen Skandal

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In einer anonym zugespielten Unterlage des Dachauer Rathauses wird ein Neubau auf dem Areal der Flaschenabfüllerei am Schlossberg als beschlossen dargestellt. OB Bürgel spricht von einem Fehler der Verwaltung.

Walter Gierlich

- Mit ganz schwerem Geschütz geht die parteilose Stadträtin Elisabeth Schilhabel gegen Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) vor: Sie hat Ende August bei der Regierung von Oberbayern Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, weil die Bauverwaltung der Stadt bereits im Juni ohne Beschluss des Bauausschusses die Pläne zur Errichtung von Wohnungen auf dem Gelände der ehemaligen Flaschenabfüllerei der Schlossbergbrauerei genehmigt habe. "Unsinn", sagt Bürgel, ohne Bauausschuss könne die Verwaltung ein Projekt dieser Größenordnung - es geht um fast vier Millionen Euro - gar nicht genehmigen. Der Bauantrag liege wegen denkmalschutzrechtlicher Fragen noch bei der Regierung von Oberbayern zur Prüfung.

Auslöser des Vorgangs, den Schilhabel als "Skandal" bezeichnet, ist das Bautagebuch der Stadt vom 3. Juli, in dem die im Juni genehmigten Projekte aufgelistet sind. Wie die Stadträtin zu dem Bautagebuch gekommen ist, erklärt sie so: "Es lag in meinem Briefkasten - anonym zugestellt." Das Bautagebuch liegt der SZ vor. Tatsächlich ist unter Datum vom 19. Juni auch der "Neubau Geschosswohnungen" an der Adresse Schlossstraße 8a, 8b und Klosterstraße 3d, 3e, also auf dem Areal der Flaschenabfüllerei, aufgeführt. Doch OB Bürgel versichert: "Das Vorhaben steht irrtümlich drin." Ein Bautagebuch wird von der Verwaltung geführt, um anderen Behörden - Vermessungsamt, Finanzamt etwa oder Stadtwerke - mitzuteilen, welche Bauvorhaben anstehen. Bürgel sagt, es sei ein reines Informationsblatt und habe keinerlei Rechtskraft. Und er versichert: "Definitiv ist keine Genehmigung erteilt worden. Das kann nur der Bauausschuss machen." Das Rathaus habe Stadträtin Schilhabel das auch so mitgeteilt, sagte der Oberbürgermeister. Diese Erklärung habe sie nicht davon abgehalten, Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Oberbayern einzureichen, fügt er recht schmallippig und verärgert hinzu. Schilhabel aber beklagt, "bis heute keine schriftliche Antwort" erhalten zu haben, obwohl sie eine solche per E-Mail und Brief bereits am 30. Juli erbeten habe. Allerdings räumt sie ein, dass ihr Bauamtsleiter Michael Simon schon wenige Tage zuvor telefonisch mitgeteilt habe, dass es keine Genehmigung gebe.

Die Pläne für die Bebauung des Areals der Flaschenabfüllerei wurden vor einigen Jahren bereits einmal vom Bauausschuss verabschiedet. Doch Elisabeth Schilhalbel startete ein Bürgerbegehren, weil sie das Gebäude als Baudenkmal erhalten und möglichst kulturell nutzen wollte - und bis heute will. Der Bürgerentscheid scheiterte 2009. Schilhabel wandte sich mit einer Petition an den Landtag, die allerdings abgewiesen wurde. Der Eigentümer, die Sedlmayr Grund und Immobilien KG, hatte versprochen, die Brauereigebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu renovieren und die Traditionsgaststätte und den Biergarten zu erhalten. Helle Aufregung gab es daher, als der Eigentümer im Frühjahr plötzlich verkündete, dass sich ein Gaststättenbetrieb wirtschaftlich nicht lohne und er daher nur Wohnungen auf dem Areal erreichten wolle. Den Biergarten versprach er der Stadt zu schenken.

Die von Schilhabel monierten Baupläne stehen nicht auf der Tagesordnung, wenn sich der Stadtrat an diesem Dienstag um 14.30 Uhr im alten Rathaussaal trifft. Doch unter den 32 Tagesordnungspunkten ist ein Antrag der Grünen, der Schilhabels Anliegen unterstützt und einen Erhalt der Flaschenabfüllerei fordert. Auch werden die Stadträte über einen Prüfungsantrag des Bündnis für Dachau beraten, ob nicht ein Grundstückstausch möglich sei zwischen Schlossbergbrauerei und Alten Metzgerhof. In der alten Brauerei könnten dann eine Turnhalle für die Klosterschule errichtet werden, und auch für das Café Gramsci und die Kleine Altstadtgalerie wäre Platz. Das Wohnbauvorhaben könnte auf dem ungefähr gleich großen Areal an der Burgfriedenstraße realisiert werden. Der OB spricht im Vorfeld von interessanten Alternativen und "sehr guten Lösungsmöglichkeiten". Der Bauausschuss müsse sagen, "wo wollen wir hin".

© SZ vom 18.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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