Bauernhofmuseum:Aus Liebe zur Natur

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Warum der Mediziner und Wissenschaftler Alois Kammermeier bäuerliche Schätze hütet und in Ebersbach ein eigenes Museum führt. Eine Hommage zu seinem 90. Geburtstag

Von Birgitta Unger-Richter, Ebersbach

Die Familie Kammermeier stellt eine Art Kulturdynastie im Landkreis dar. Vater Alois Kammermeier ist ein Bewahrer bäuerlicher Kultur und hat in Ebersbach bei Weichs ein eigenes Bauernhofmuseum mit Originalgebäude aufgebaut. Tochter Steffi leitet das Lustspielhaus in München, eines der großen Zentren des Kabaretts nicht nur in Bayern. Und Sohn Matthias lebt in Tandern. Von dort ist er als Szenograf für Film und Fernsehen tätig. Er hat auch das Archäologische Museum in München mitgestaltet. Die Dachauer Kreisheimatpflegerin Brigitta Unger-Richter würdigt Alois Kammermeier zu seinem 90. Geburtstag:

Persönlich begegnet bin ich Alois Kammermeier das erste Mal 2012, als ich, neu im Amt der Kreisheimatpflegerin, anfing den Tag des offenen Denkmals zum Thema "Holz" zu organisieren. Als ich ihn deshalb in Ebersbach anrief, arbeitete er gerade im Garten. Es lag von daher nahe, sich zunächst über Garteln und Gärten zu unterhalten und auch über Gartenliteratur. Dazu fiel mir der Schlusssatz aus Voltaires Roman "Candide - oder der Optimismus" von 1759 ein: "Il faut cultiver notre jardin" - man muss seinen Garten bestellen. Über den Sinn und Unsinn dieser Aussage entwickelte sich ein anregendes Gespräch, dem noch viele weitere folgen sollten.

Glück in enger Naturverbundenheit

Im Nachhinein betrachtet war der Einstieg über Voltaire intuitiv richtig. Denn mit dem großen Aufklärer Voltaire verbindet Alois Kammermeier nicht nur die Lebensweisheit, dass man Glück in enger Naturverbundenheit finden kann. Er selbst sieht sich auch als Aufklärer, der nicht nur durch sein praktisches Handeln, sondern auch durch zahlreiche Veröffentlichungen sein Wissen um die ländliche Baukultur und Lebensweise festhielt, festhält und publik macht. Zahlreiche bisher erschienene Aufsätze und Bücher zur Geschichte von Bauernhäusern, Taubenkobeln oder auch Esskultur machen dies deutlich. Aktuell arbeitet er an einem weiteren Projekt über einen bayrischen Architekten.

Lebendig wird das große Wissen von Kammermeier bei der persönlichen Begegnung, so zum Beispiel wenn er und seine gastfreundliche Frau Doris am "Tag des offenen Denkmals" im September oder am "Internationalen Museumstag" im Mai ihre Pforten für Besucher öffnen. In der ländlichen Idylle am Dorfrand von Ebersbach mit Hühnern, Katzen und dem anhänglichen Dackel des Ehepaars begegnen Besucher einer Welt von gestern mit zwei Bauernhäusern: dem ehemaligen Schusterhäusl aus Pasenbach, einem Blockbau des 18. Jahrhunderts und dem "Doimer-Haus", einem Wohn-Stallgebäude von 1793 aus Günzenhausen in der Holledau. Die beiden denkmalgeschützten Gebäude hat Alois Kammermeier 1983 bzw. 2003 transloziert, das heißt am ursprünglichen Ort abgebaut und in Ebersbach wieder aufbauen lassen. Ergänzt durch Backhaus, Bienenstand, Remise und Taubenhaus bilden sie ein sehenswertes Ensemble.

Aber Kammermeier huldigt nicht einem nostalgisch verklärten Bild einer "guten alten Zeit" - dafür ist er als Mediziner und Wissenschaftler zu sehr Realist. Bei seinen Führungen spart er die Schattenseiten nicht aus und blickt auch kritisch in die Gegenwart.

Spannungsfeld von Tradition und Moderne

Eine Verbindung von Tradition und Moderne hat er mit dem Gebäude des Doimer-Hauses selbst geschaffen: Anstelle des ehemaligen Stalls wurde ein modernes Wohn- und Arbeitszimmer errichtet.

Das Spannungsfeld von Tradition und Moderne bestimmt auch das vielfältige ehrenamtliche Engagement Kammermeiers. Bei zahlreichen sich bietenden Gelegenheiten wie Vorträgen oder öffentlichen Diskussionen bricht Kammermeier eine Lanze für die bäuerliche Baukultur, deren harmonische Proportionen und deren Verortung in gewachsenen Hauslandschaften. Ganz im Sinne des Mahners und Aufklärers Dieter Wieland ist ihm die auf dem Land ausufernde Modernisierungswut nicht nur der 70er und 80er Jahre ein Gräuel. Auch die landwirtschaftliche Monokultur, der aktuelle Flächenfraß und das damit einhergehende Verschwinden historischer Landschaftsstrukturen mahnt er an. In ihm hat die Heimatpflege einen engagierten und streitbaren Geist, der sich mit großer Empathie für die Pflege der Kultur seiner Heimat einsetzt.

Wertschätzung der bäuerlichen Kultur

Alois Kammermeier ist dabei eher Skeptiker - im Gegensatz zum anfangs genannten Optimisten Candide. Manchmal vermisst er die Wertschätzung der bäuerlichen Kultur und beklagt das einseitige Wissen der jüngeren Generation. Aber er resigniert nicht und sucht immer wieder den Kontakt zu Schülern, denen er Vergangenes und Aktuelles vermittelt.

Im Arbeitskreis der Heimatmuseen des Landkreises Museen-Dachauer-Land sind wir froh über seine Anregungen und seine kritischen Einschätzungen. Denn wir leben nicht in der, wie es Voltaires Candide postulierte "Besten aller Welten", können aber mit persönlichem Engagement zumindest zu einer Verbesserung derselben beitragen. In diesem Sinne gratuliere ich herzlich zum 90. Geburtstag und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Der Beitrag von Birgitta Unger-Richter erscheint in voller Länge in der nächsten Ausgabe der historischen Zeitschrift "Amperland". Das Bauernhofmuseum von Alois Kammermeier kann nur in Gruppen und bei Voranmeldung besichtigt werden: Telefon 08137 / 26 55 oder Mail: Alois.Kammermeier@gmx.net.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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