Bankrott nach mehr als 20 Jahren:Ein schwarzer Tag

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Für den Wirtschaftsstandort Sulzemoos ist die Pleite von Phoenix Solar, eines weltweit agierenden Unternehmens, ein herber Verlust. 130 Mitarbeiter, zwei Dutzend davon in der Gemeinde, sind betroffen

Von Gregor Schiegl, Sulzemoos

Die Pleite von Phoenix Solar ist ein schwerer Verlust für den Wirtschaftsstandort Sulzemoos. Das in den Neunzigerjahren gegründete Unternehmen gehörte nicht nur zu den Pionieren der deutschen Solarbranche. Das mittelständische Unternehmen, das in der ganzen Welt Photovoltaik-Großanlagen baute, zählte auch zu den letzten verbliebenen Firmen der deutschen Solarbranche und war für die kaum 3000 Einwohner zählende Gemeinde ein überregionales Aushängeschild. Zumindest bis vergangenen Freitag. Da teilte das Unternehmen mit, es könne die Forderung eines großen US-Kunden - es geht um rund acht Millionen US-Dollar - kurzfristig nicht mehr bedienen und müsse deshalb Insolvenz anmelden. Noch in dieser Woche solle es einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht München geben. Die Phoenix-Aktie, deren Handel kurzzeitig ausgesetzt worden war, stürzte am Freitag ins Bodenlose, etwa 130 Mitarbeiter stehen nun vor dem Aus, davon zwei Dutzend am Hauptsitz in Sulzemoos.

So groß der Schock ist: Als Gewerbesteuerzahler dürfte der Global Player für Sulzemoos in den vergangenen Jahren keine große Rolle mehr gespielt haben. Wie fast alle deutschen Unternehmen der Branche schrieb auch Phoenix Solar in den vergangenen Jahren tiefrote Zahlen. Wegen der schwierigen Marktbedingungen in Deutschland hatte das Unternehmen sein Geschäft zuletzt mehr und mehr nach Übersee verlagert, in die USA, aber auch in die wachstumsstarken Regionen Asiens.

Nach einer rigiden Neustrukturierung mit harten Konsolidierungsmaßnahmen - allein am Standort Sulzemoos wurden mehr als 70 Stellen gestrichen - hatte es zuletzt so ausgesehen, als hätte Phoenix Solar seine Krise tatsächlich überwunden. Der Umsatz verdreifachte sich wieder, die Verluste wurden drastisch reduziert, im operativen Geschäft schrieb man wieder schwarze Zahlen. Von Unternehmensseite hieß es, die Wende sei gelungen.

Doch nun bricht Phoenix Solar eine Geldforderung das Genick, die angesichts der dreistelligen Millionen-Jahresumsätze gar nicht so dramatisch klingt. Offenbar hat die Krise die Kapitaldecke des Unternehmens so weit ausgezehrt, dass für unvorhergesehene Aufwendungen keine ausreichenden Rücklagen mehr vorhanden sind. Doch das bleibt erst einmal nur Spekulation; sowohl Anrufe wie schriftliche Anfragen lässt das Unternehmen seit Freitag unbeantwortet. So bleibt vorerst unklar, ob nicht auch andere Faktoren für das Aus verantwortlich sind und welche Perspektiven es für die betroffenen Mitarbeiter am Standort Sulzemoos nun gibt. Der Hauptsitz diente zuletzt vor allem der Verwaltung und Koordinierung der immer zahlreicheren Tochterunternehmen rund um die Welt.

Die Anfänge des Unternehmens reichen 33 Jahre zurück. 1994 wurde die Phönix Solarinitiative des Bundes der Energieverbraucher e.V. gegründet. Ziel dieser bundesweit agierenden Verbraucherinitiative war es, preisgünstige und qualitativ hochwertige Solaranlagen anzubieten und damit die Entwicklung des deutschen Solarmarktes zu fördern. Firmengründer Andreas Hänel verkaufte über die Initiative die ersten Photovoltaik-Anlagen. Bis zum Jahr 1999 waren es mehr als 10 000 Solaranlagen. Die Initiative avancierte innerhalb weniger Jahre zu einer der größten Solarinitiativen Deutschlands und Europas.

Schon wenige Jahre später ging Hänels Unternehmen an die Börse und wurde von 2008 bis 2011 sogar in den Technologieindex TecDax der Frankfurter Wertpapierbörse aufgenommen. Dass sich der visionäre Pionier Hänel aus Sulzemoos für einen Standort in der kleinen Gemeinde entschied, hatte nicht zuletzt mit seinem Faible für denkmalgeschützte Gebäude zu tun. Für sein Start-up-Unternehmen mietete er Räume in Schloss Sulzemoos an. Dort hat Phoenix Solar seine Firmenadresse noch heute.

Nach dem Rekordjahr 2010 ging es für Phoenix Solar stetig bergab, die Kosten stiegen, die Gewinne schmolzen zusammen. 2013 nahm der Vorstandsvorsitzende Andreas Hänel seinen Hut. Das Sulzemooser Unternehmen, das für sein fast familiäres Betriebsklima bekannt war, wurde radikal umgekrempelt. Es begann die Zeit der Einsparungen, um das schwer angeschlagene Unternehmen doch noch zu retten. Das bekamen die Angestellten zu spüren, auch und gerade in Sulzemoos.

Für die Schwierigkeiten, in die sein Unternehmen geraten war, machte Hänel in einem SZ-Interview seinerzeit auch den Schlingerkurs der Regierung verantwortlich. "Das ist das zentrale Problem: dass die Politik der Branche seit Jahren keine Investitionssicherheit mehr gibt." Nun ist auch Phoenix verbrannt. Endgültig.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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