Gefahr an der Bahnlinie:Sicherheitslücke

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Der Weg vom Friedhof kommend ist seit Dienstag versperrt. Oberbürgermeister Florian Hartmann hat einen Bauzaun aufstellen lassen. Zuständig wäre eigentlich die Bahn. (Foto: Viktoria Großmann/OH)

Seit dem Ausbau der Linie S 2 nach Altomünster ist der Bahnübergang am Dachauer Waldfriedhof geschlossen. Doch der Übergang wird unerlaubt genutzt, Absperrzäune wurden entfernt. Die Bahn hat darauf bisher nicht reagiert

Von Viktoria Großmann, Dachau

Für viele Dachauer aus Etzenhausen oder auch Steinkirchen ist es eine unverständliche Maßnahme: Mit der Elektrifizierung der S-Bahn-Linie 2 nach Altomünster wurde der Bahnübergang am Waldfriedhof Richtung Steinkirchen geschlossen. Die Beschwerden darüber häufen sich bei der Stadt, immer wieder wird auf den Bürgerversammlungen danach gefragt. Der Weg gilt nicht nur als bequeme fußläufige Verbindung zum Friedhof, sondern eröffne auch vielfältige Wanderwege und eine auch für Radfahrer bequeme Verbindung in die Stadt, so sagen die Befürworter dieses Übergangs.

Zu ihnen zählt auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der selbst aus Etzenhausen stammt. Er nennt den geschlossenen Bahnübergang "ein Ärgernis" und wirft der Bahn vor, vorsätzlich die Wiederherstellung zu verzögern. "Das ist eine wichtige Verbindung, die soll wieder aufgemacht werden." Die Bahn argumentiert, dass der Übergang anders gestaltet werden müsse als bis 2014. Denn der Zug fährt nun schneller als früher die von Dieselloks gezogene Linie A: 80 Kilometer in der Stunde, und der Übergang liegt hinter einer Kurve. Sehr wahrscheinlich müsste der Zug aus Sicherheitsgründen ein Pfeifsignal absetzen - und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Sicht auf die Strecke für die Fußgänger müsste verbessert werden, an der Böschung müsste gerodet werden. Zudem würden die neuen Absperrungen mehr Platz benötigen. Im Weg ist hier eine Trinkwasserhauptversorgungsleitung.

Die Bahn wusste womöglich seit August von der Gefahrenstelle

Unterdessen stellt der eigentlich geschlossene Übergang eine Gefahr dar. Der Absperrzaun wurde mutwillig auf beiden Seiten entfernt. Der Weg war bis Dienstag frei. Als die SZ darüber am Montag die Dachauer Polizei informierte, die Stadt und die Bahn, die für das Gelände und die Sicherheit zuständig ist, erklärten alle drei, davon nichts zu wissen. Doch möglicherweise stimmt das nicht. Ein Leser weist der SZ nach, bereits am 24. August mit der Bahnpolizei telefoniert zu haben. Er habe dieser in dem Gespräch gemeldet, dass der Absperrzaun gewaltsam geöffnet wurde und dass er Menschen beobachtet habe, die außerhalb des früheren Übergangs die Gleise überqueren. Deutlich sichtbar ist ein Trampelpfad westlich des alten Übergangs. Die Bahnpolizei hat sich auf Nachfrage der SZ selbst mit dem Leser in Verbindung gesetzt. Ob und wie allerdings damals jemand auf den Hinweis des Lesers reagiert habe und ob die Bahn selbst davon Kenntnis erhalten habe, lasse sich auf die Schnelle nicht nachvollziehen, erklärt Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizeiinspektion München. Offensichtlich habe im August das Tor noch nicht ganz gefehlt. Aus Sicht der Polizei ist das eine andere Gefahrenlage.

"Das hat nicht oberste Priorität", sagt der Sprecher der Bahnpolizei

Trampelpfade an Bahngleisen gebe es sehr oft, und auch im Landkreis gebe es noch deutlich mehr und gefährlichere Stellen, an denen unerlaubt Menschen über die Gleise gingen. Kurz: Man könne nicht alles kontrollieren, und die Bahn könne nicht alle Strecken einzäunen. Zum Übergang am Waldfriedhof sagt er: "Das hat nicht oberste Priorität. Es handelt sich ja auch nicht um einen Schulweg." Wenn dann erst einmal geklärt sei, dass der Grund wirklich der Bahn gehöre, dann könne man Flatterband spannen und Anwohner befragen und möglicherweise das fehlende Stück Zaun finden.

Oberbürgermeister Florian Hartmann nimmt das Problem deutlich ernster. Er hat auf den Hinweis der SZ am Montag sofort reagiert. Auch wenn die Stadt überhaupt nicht zuständig ist. Denn das Grundstück, das weiß man im Rathaus sicher, gehört der Bahn. "Unsere Bauhofmitarbeiter werden einen Bauzaun aufstellen. So lange, bis die Bahn sich selber kümmert", sagt Hartmann. Bis zum Mittag war der Weg vom Friedhof kommend auch schon versperrt. Die Seite am Weblinger Weg stand noch offen. Außerdem hat auch die Stadt die Bahn informiert. Deren Sprecher äußerte sich bis zum Abend zu dem Thema nicht.

Auch auf den tödlichen Unfall am Bahnübergang an der Etzenhausener Straße am Samstag reagiert die Stadt. In einem Schreiben an die Bahn bittet die Stadt, zu überprüfen, ob der Übergang wirklich sicher genug ist und dem Regelwerk entspricht, sagt Hartmann.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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