Anfrage:"Keinen Cent mehr für die Kirche": Bürgermeister ist sauer auf Erzdiözese

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Der Odelzhausener Bürgermeister Trinkl wirft der Erzdiözese vor, ihn bei jedem Projekt im Stich gelassen zu haben.

Von Horst Kramer

Bürgermeister Markus Trinkl (parteilos) ist der Kragen geplatzt: So zornig haben die Odelzhausener Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ihren 35-jährigen Bürgermeister noch nie erlebt, zumindest nicht in einer öffentlichen Sitzung. Ärger gehört für einen Rathauschef schon fast zum Alltag. Ungewöhnlich war indes der Adressat seines Wutausbruchs: die Katholische Kirche. "Das Verhalten des Ordinariats ist indiskutabel", rief Markus Trinkl in die Runde. "Ich bin von der katholischen Kirche maßlos enttäuscht. Deswegen sollte die Kirche keinen weiteren Cent Unterstützung erhalten."

Der Auslöser seines Zorns war eine harmlose Zuschussanfrage: Josef Mayr, Kirchenpfleger der Kirchenstiftung Roßbach, hatte Trinkl Ende Januar schriftlich sein Leid geklagt: Die Kirchenglocken der Filialkirche St. Leonhard läuteten nicht mehr, Steuergehäuse und Läutemaschine müssten ausgetauscht werden. Die Kosten: mehr als 4000 Euro. "Für uns unerschwinglich", schrieb Mayr. Die kleine Kirchengemeinschaft des 146-Einwohner-Dorfs in der Gemeinde verfügt nur über Rücklagen von 200 Euro.

Der Ärger hatte sich offenbar lange angestaut

Auf das Erzbischöfliche Ordinariat können die Roßbacher jedoch nicht hoffen, wie der Kirchenpfleger erklärte. Die Münchner machten ihre Schatulle erst bei Restaurierungsprojekten jenseits von 100 000 Euro auf. "Wir bitten höflichst um einen Zuschuss", schloss Mayr sein Schreiben - ohne einen konkreten Betrag zu fordern. Trinkl aber reichte es. "Das ist eine rein kirchliche Angelegenheit", befand er, anfänglich mit noch ganz ruhiger Stimme. Er lehne eine Förderung ab, weil er keinen Präzedenzfall schaffen wolle. "Die Gemeinde hat sich noch nie an einem Glockenwerk beteiligt." Im Gegensatz übrigens zu Kirchturmuhren - für diese hatte die Kommune schon mehrfach Geld zur Verfügung gestellt.

Erst als sich einige Gemeinderäte vorsichtig zugunsten einer finanziellen Unterstützung aussprachen, brach aus dem Bürgermeister ein offenbar lang angestauter Ärger heraus. In barschem Tonfall wies er den Vorschlag der Roßbacher Lorenz Bradl (CSU) und seines Parteifreundes Michael Kiemer zurück, die 1000 Euro Zuschuss für angemessen hielten. Trinkl erinnerte an den Fall der kleinen Wallfahrtskapelle Geiselwies, die das Ordinariat von der Gemeinde (im Wortsinne) nicht geschenkt haben wollte, obwohl sich die Sittenbacher Kirchenstiftung für eine Übernahme ausgesprochen hatte. "Die Kirche hat dabei eine extreme Verweigerungshaltung an den Tag gelegt", sagte Trinkl.

Das ist nicht der einzige Fall, der den Bürgermeister wurmt

Aber das ist nicht der einzige Fall, der den Bürgermeister wurmt. Schon einmal davor lag die Kommune mit der Kirche über Kreuz. Trinkl erinnerte den Gemeinderat an die Auflösung des ehemaligen kirchlichen Kindergartens St. Benedikt vor einigen Jahren, bei der es wohl um einen hohen Betrag gegangen sein muss - das Thema wurde seinerzeit nichtöffentlich behandelt, daher nannte der Rathauschef keine Zahlen.

Und noch ein Fall: Auf Granit stieß die Kommune Odelzhausen Trinkl zufolge auch, als es um die Ausbesserung einer Kirchenmauer ging, ebenfalls ein nichtöffentlich behandeltes Projekt.

"Als Katholik bin ich maßlos enttäuscht"

Trinkls Fazit: "Für das Verhalten des Ordinariats fehlt mir jegliches Verständnis!" "Als Katholik bin ich maßlos enttäuscht." Dieser Tage habe er ein Schreiben an Kardinal Marx geschickt, so Trinkl. "Mal sehen, was dann passiert." Deshalb wollte er eine Entscheidung über den Zuschussantrag der Roßbacher zumindest vertagen, wenn nicht gleich ablehnen.

Der Gemeinderat sah den Fall jedoch nicht ganz so dramatisch. Roderich Zauscher (BGO) empfahl, "wegen 1000 Euro kein Fingerhakeln" anzufangen, die Roßbacher Glocken und die Geiselwies seien "zwei verschiedene Paar Stiefel". Johanna Winkler (FW) sprach vom "Kulturgut Glockengeläut" und für einen Zuschuss. Finanzfachmann Kiemer meinte augenzwinkernd, die Gemeinde solle "grad zum Fleiß" die Roßbacher unterstützen, und Elisabeth Kappes (BGO) erklärte: "Wir sind es, die den christlichen Weg gehen. Wir verhalten uns nicht so wie die anderen." Aber diese Gemeinderäte konnten den wütenden Bürgermeister nicht besänftigen.

Trinkl ließ über zwei Beschlussvorschläge abstimmen. Eine Ablehnung des Antrags fand mit sieben gegen zehn Stimmen keine Mehrheit. Stattdessen wurde der Vorgang mit zehn zu sieben Stimmen auf Wiedervorlage gelegt. Die wird vermutlich erst dann geöffnet, wenn der Bürgermeister Post aus München erhalten hat. Mindestens bis dahin stehen Kommune und Kirche auf Kriegsfuß.

© SZ vom 07.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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