CSU-Prominenz am Nockherberg:Alles weggelächelt

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Es spricht einiges dafür, den Nockherberg als leicht verzerrtes Spiegelbild der politischen Wirklichkeit beziehungsweise Unwirklichkeit in Bayern zu deuten. Jede Lachfalte, jedes Zucken, jede Geste bekommt hier eine ungeheure Bedeutung.

Christian Mayer

Insofern ist der Auftritt der CSU-Granden Horst Seehofer, Erwin Huber und Günther Beckstein bemerkenswert: Während sich Seehofer, wild entschlossen, diesen Tag souverän wegzulächeln, an den großkoalitionären Biertisch in der ersten Reihe setzt, kommt Huber aus der Tiefe des Saals.

Seehofer, Huber und Beckstein posieren für Fotografen. (Foto: Foto: ddp)

Buchstäblich von hinten schleicht sich der Kandidat ans Gedeck der Macht heran, flink begrüßt er da einen Parteifreund, hier einen möglichen Wähler - und nimmt demonstrativ in der Mitte der Staatsministerriege Platz.

Und Beckstein? Hält sich in Deckung, gibt vor der Tür noch Interviews und erscheint blitzschnell als Letzter - Edmund Stoiber, dem lange das Privileg der Verspätung zustand, wartet schon geduldig darauf, ein letztes Mal auf der Abschussrampe dieser weiß-blauen Starkbierkanonade hergerichtet zu werden.

Seehofer gibt sich heiter

Sehr unterschiedlich sind auch die Reaktionen auf die Salvatorrede. Horst Seehofer, der aufgrund seiner Körpergröße leicht über allen anderen schwebt, reagiert demonstrativ heiter auf die Sticheleien, die sein Privatleben nicht aussparen.

Wenn Seehofers Gesichtsfarbe gerötet ist, dann ist die von Markus Söder gräulich, was daran liegt, dass der CSU-Generalsekretär an diesem Tag so viel ertragen muss wie sonst keiner, mit Ausnahme von Fraktionschef Joachim Herrmann, der zunehmend schmallippiger wirkt.

Besser erwischt es Erwin Huber, dem nur seine niederbayerische Hinterfotzigkeit und eine unfreiwillige Komik im Umgang mit der englischen Sprache zur Last gelegt werden. Ergebnis des Lachkampfes zwischen Seehofer und Huber: unentschieden. Beide geben sich auch nachher keine Blöße und finden sich auf der Bühne derart fair behandelt, dass man sich fragen muss, wie schmerzfrei bayerische Politiker wirklich sind.

"Auf mich bezogen war das doch Pipifax", teilt ein grinsender Horst Seehofer mit: "Obwohl ich den Autoren ja reichlich Stoff für Vorlagen geliefert habe." Direkt neben ihm posiert Günther Beckstein mit Double Andreas Bocherding, und weil sich der "Günther" erst etwas ziert, wird Seehofer deutlich: "Du musst mir zuliebe auch mal ein Foto mit mir machen", sagt er - und zieht den nervös zuckenden Innenminister an seine Seite.

Abschiedslied geht zu Herzen

Edmund Stoiber, dem im Singspiel die Gnade eines fulminanten Abgangs als Pierrot gewährt wurde, reagiert gelassen bis nachdenklich auf die Vorführung.

Wahrscheinlich steht der Ministerpräsident noch unter dem Eindruck des Jubels, der aufbrandete, als sein langjähriges Alter Ego Michael Lerchenberg am Schluss der Zirkusaufführung an den Ehrentisch trat und Stoiber umarmte: eine sentimentale Abschiedsgeste, die viele Spottverse vergessen macht.

"Man wird den Nockherberg stets mit Michael Lerchenberg in Verbindung bringen", urteilt Stoiber - und meint damit natürlich auch sich selbst. "Mir ist das Abschiedslied zu Herzen gegangen", sagt Erwin Huber, der ebenfalls nicht müde wird, an der Seite von Horst Seehofer den Eindruck größter Harmonie zu erwecken.

Richtig erleichtert wirkt Guido Westerwelle ("Habe Tränen gelacht"), der in Asüls Rede peinlicherweise gar nicht erwähnt wurde, im Singspiel aber als prinzipienloser Meisterjongleur seinen Auftritt hatte.

Grünen-Chefin Claudia Roth ist ohnehin immer wie angestochen beim Anstich; mit ihrer altrosa Trachtenjacke nähert sie sich neuerdings deutlich dem vorherrschenden Modestil der Janker- und Dirndl-Vereinigung im Saal an.

Und dass sich der SPD-Vorsitzende Kurt Beck in der Rolle des etwas schlichten Kraftmenschen gut gefällt, kann kaum überraschen - der Pfälzer erscheint immerhin als einziger Mann auf der Bühne, der sich überhaupt noch mit der entrückten Angela Merkel anlegt.

"Ganz prima und sehr unterhaltsam" findet Beck das Derblecken, obwohl er zu Beginn von Bauerei-Geschäftsführer Andreas Steinfatt als "Herr Koch" angesprochen wurde. Da tobte der Saal. Und das war ausnahmsweise eine Gemeinheit, die nicht kalkuliert war.

© SZ vom 9. März 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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