Containerdörfer:Neue Standorte

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Stadtrat erhöht Etat für Unterkünfte auf 561 Millionen Euro

Von Andreas Glas, München

Am Dienstag wurde Alexander Reissl gefragt, bei welchem Thema er den nächsten Koalitionsknatsch erwarte. Der SPD-Fraktionschef grübelte kurz, dann sagte er, ihm falle "spontan kein Fall ein", bei dem er anderer Meinung sei als die CSU. Ziemlich genau 24 Stunden später war Reissl schlauer. Am späten Mittwochvormittag stand er im Rathaus-Sitzungssaal und ärgerte sich über einen CSU-Antrag. Darin forderte die CSU, dass der Bau von Flüchtlingsunterkünften nicht den "Ausbau der Infrastruktur blockieren" dürfe. Konkret ging es um ein Laimer Grundstück, wo in ein paar Jahren eine Schule gebaut werden soll und das bis dahin als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. "Einfach überflüssig" sei der CSU-Antrag, sagte Reissl, schließlich gehe es ja ausdrücklich um eine Zwischennutzung und eben nicht darum, den geplanten Schulbau zu verhindern. Es bringe nichts, "ständig danach zu suchen, wie man die Dinge noch schwieriger machen kann".

Nun sollte man diesen kleinen Knatsch nicht überbewerten, auch die CSU betonte in ihrem Antrag, wie wichtig es sei, dass man Flüchtlinge "bestmöglich unterbringt und Integrationsangebote macht". Und doch zeigte der Knatsch, dass es der CSU immer schwerer fällt, sich einerseits als tolerante, hilfsbereite Partei zu zeigen und andererseits die Interessen ihrer Wähler zu repräsentieren, von denen sich manche doch recht unwohl fühlen, wenn sich in ihrer Nachbarschaft Flüchtlinge ansiedeln. "Es schlagen ganz einfach zwei Herzen in unserer Brust", gibt der CSU-Vizefraktionsvorsitzende Michael Kuffer zu.

Entsprechend bemüht war Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD), Kuffers Herzschlag zu besänftigen. Bei ihrer Suche nach Flüchtlingsunterkünften schaue sie besonders genau hin, "wenn es um mögliche Konkurrenzen zum Schulbau oder zum Bau von Kindertagesstätten geht". Gleichzeitig werde ihr Referat aber weiterhin Standortvorschläge machen, "wenn wir sehen, dass dort problemlos eine Zwischennutzung möglich ist".

Zu den insgesamt 16 neuen Standorten, die der Stadtrat am Mittwoch beschlossen hat, gehören unter anderem der Bolzplatz an der Triebstraße in Moosach (350 Bettenplätze), Grundstücke an der Langwieder Hauptstraße (300) sowie in Berg am Laim an der Kronstadter Straße (300) und der Griesfeldstraße (290). Überall dort werden Container-Dörfer entstehen. Außerdem werden 240 Flüchtlinge in ein leer stehendes Bürogebäude an der Hofmannstraße in Obersendling einziehen.

Der jüngste Standortbeschluss ist der fünfte innerhalb weniger Monate - und dürfte nicht der letzte gewesen sein. Allein in diesem Jahr erwartet das Sozialreferat noch 4000 Asylsuchende, weitere dürften folgen. Um die Unterbringung all dieser Menschen stemmen zu können, hat der Stadtrat am Mittwoch auch den dafür vorgesehenen Etat erhöht - auf 561 Millionen Euro bis zum Jahr 2019. Ebenfalls beschlossen wurde eine bessere Betreuung der Flüchtlinge. Künftig sollen in den Unterkünften rund um die Uhr sozialpädagogisch geschulte Ansprechpartner zur Verfügung stehen, statt wie bisher nur zwischen 8 und 16 Uhr.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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